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Preview Dezember

Diese pünktlich erscheinende Preview muss mit schlechten Nachrichten beginnen: Es wurden einige Starts verschoben. Unter den Opfern: Der neue Park Chan-wook-Film. Lina kennt ihn schon, wir werden ihn erst im Februar kennenlernen. Briten. Angeber. Wir müssen mit ein paar Resten vorliebnehmen. Vielleicht reicht es aber doch für einen schönen Weihnachtsschmauß.

Wichtig: Einige Formalitäten am Ende. Also bitte nicht auf dem halben Weg wieder auf TikTok swipen. Grazie mille.

Wieder zu den Resten: Ein paar Novemberfilme kommen jetzt ins Streaming. Darunter: »BARDO« und »Guillermo Del Toros Pinocchio«. Gerade letzterer wohl als Weihnachtsmärchen nicht verkehrt. Ersterer, nun ja, ein paar mexikanische Sommerfeelings gegen die Winterdepression.

Zum Frischzubereiteten: Noch immer heiß trotz langem Überkochen ist der gesamte #MeToo-Komplex. Maria Schrader (»Unorthodox«) arbeitet die ganze Sache nun noch mal in »She Said« auf. Klassisches amerikanisches Journalistenkino mit Zoe Kazan (»The Big Sick«) und Carey Mulligan (»Promising Young Woman«, »Drive«, »Inside Llewyn Davis«) auf Recherchearbeit in die dunkelsten und dreckigsten Winkel Hollywoods.

Die Boyz haben keinen Bock auf Feminismus? Dann geb ich euch alles, was ihr wollt: Adam Driver und Hitler. Na gut, den österreichischen Amateur-Kunstmaler gibt es nur indirekt. Denn Adam Driver spielt einen Spezialisten für “Hitler-Studien” in »White Noise«. Noah Baumbach (»Marriage Story«, »Frances Ha«, Autor von »Madagascar 3«) verfilmt den modernen Meisterautor Don DeLillo zusammen mit seiner Frau Greta Gerwig (»Frances Ha«), Don Cheadle (»Boogie Night«, »Avengers«) und eben Adam (»Marriage Story«, »Annette«, »Paterson«). Neben den “Hitler-Studien” geht es vor allem um Adams sechsköpfige Patchwork-Familie, die von apokalyptischen Kalamitäten und Hiobsbotschaften bombadiert wird. Eine Familie in der Krise, ein Mann mit Haarausfall und Hula-Hula-Hula-Hoops. Anfang des Monats im Kino, zum Ende auf Netflix.

Nachdem Baumbachs Film in Venedig eher gemischt wegkam, wurde der folgende in Cannes bereits von etlichen Kritikern zum Film des Jahres gekürt. Erinnerungen an eine Vater-Tochter-Beziehung rauschen hier zusammen in Charlotte Wells’ Spielfilmdebüt »Aftersun«. Hauptdarsteller Paul Mescal kennen vielleicht ein paar aus der Sally-Rooney-Adaption »Normal People«. Zwischen Homevideo und flirrendem 35mm platzen die Farben vor Freude, Wehmut, Schmerz und Sehnsucht. Schon jetzt ist der Film auf Dutzenden Toplisten und Wells gilt als große Hoffnung des britischen Gegenwartskinos. Jetzt, wo der Koreaner weg ist, wahrscheinlich das Monatshighlight.

Ganz unsicher hingegen bin ich bezüglich »Der denkwürdige Fall des Mr. Poe«. Eine Edgar-Allen-Poe-Adaption mit Christian Bale (»The Dark Knight«, »Vice«, »American Psycho«) klingt erstmal verlockend, auch der Haufen Stars im Restensemble ködert und selbst Regisseur Scott Cooper (»Black Mass«, »Hostiles«, »Crazy Heart«) ist per se nicht inkompetent. Dennoch habe ich um meinen Lieblingsautor Angst, gerade bei der klassischen Horrorpsychose »The Tell-Tale Heart« kann natürlich viel schief gehen. Vielleicht um die Gefahren der super-subjektiven Kurzgeschichte zu umlaufen, scheint der Film eine Art Meta-Ansatz zu versuchen. Hoffen wir mal, dass das nicht zu seinem Fall (wie beim Hause Usher) wird. Reingucken muss man wohl mal.

Noch ein großer Autor, aber eine viel sicherere Bank: Xavier Giannoli hat den Gesellschaftsromanklassiker von Balzac, dem einflussreichsten Dichter französischer Sprache, »Verlorene Illusionen« für die große Leinwand adaptiert. Im prunkvollen Stil des pompösen Kostümkinos wird hier die große Saga eines jungen, scheiternden Schriftstellers erzählt, der sich im Saus und Braus der dekadenten Pariser Aristokraten und der zynischen Presse verfängt. Alles hier ist nur aller erste Qualität, vielfach ausgezeichnet, bejubelt, Gold, Champagner, Sex – Intrigen. Was will ich denn mehr? Was wollt ihr bitte mehr??

Ich weiß, was ihr wollt: einen Esel. Wenn schon keine Kuh, dann doch bitte einen anderen charmanten Vierbeiner. Der alte polnische Meister hat ein sehr überraschendes Comeback im diesjährigen Cannes-Wettbewerb gefeiert. Sein Film »EO« erzählt die Odyssee eines niedlichen Esels über Stock und Stein, blickt in und durch seine traurigen Augen. Vom Geheimtipp langsam zum Jahreslistenfavoriten avanciert könnte »EO« noch einmal ein ganz besonders schöner Abschluss für 2022 werden.

Disney+ füllt dann noch das Genre-Loch auf, was sonst im Monat klaffen würde: »Barbarian« erzählt einen Horrorthriller, der sich hinter einem obskuren Airbnb offenbart, das scheinbar versehentlich doppelt gebucht wurde. Einer der beiden Bucher ist Bill Skarsgård alias Pennywise aus »Es«. Kam extrem kontrovers weg, insgesamt aber durchaus ein Kritikerliebling.

Das wärs, kriet man vielleicht nochmal gut unter Dach und Fach für die Jahresliste. Apropos…

Natürlich werden auch dieses Jahr wieder die Luxusburger vergeben. Die Nominierungsphase beginnt am 27.12. um 8:00 und endet schon relativ rasch am 29.12. um 23:59. Die Votingphase für die Auszeichnungen geht danach dann vom 30.12. 10:00 bis zum 31.12. 14:00. Das Votingtool wird diesmal nicht wieder mit der riesigen Kreuzchentabelle ausfallen, sowohl wegen der zunehmenden Sichtungsfragmentierung als auch den Anzeigefehlern der letzten Jahre. Überlegt euch daher bitte schon mal bis dahin effektiv, welche Filme ihr gerne dieses Jahr auszeichnen würdet. Die Kategorien sind die gleichen wie jedes Jahr, also Beste Darstellerin, Bester Darsteller, Bestes Drehbuch, Beste Kamera, Beste Musik und Bestes Ensemble. Nominiert werden dürfen alle Filme, die in der JFK-Letterboxd-Jahresliste sind, also als offizielles Event gezählt worden sind.

Und für die, die es bis hierhin geschafft haben, gewissermaßen eine Sache genau bezüglich diesem Punkt: Wollt ihr für 2023 weiterhin die ausführlichen Monatspreviews mit Texten und Eventseiten oder lieber einfach eine Trailerplaylist, zu der man dann in der Hauptgruppe das Interesse kommuniziert? Ich schreibe diese Previews sehr gerne, aber weiß gar nicht, ob diese Textwände a) gelesen werden und b) nicht eher als übermäßig, umständlich und überflüssig angesehen werden. Denn ich investiere diese vielen Zeitstunden sehr gerne, aber es soll natürlich primär für euch nützlich und interessant sein. Stimmt gerne hier ab. Jede Nicht-Stimme wird primär erstmal als “brauch nich” gewertet.

Ho-ho-hochachtungsvoll und eine schneereiche Adventszeit

Ihr JFK-President

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»The Wonder«

This event was held on the 21st of December 2022 | »The Wonder« scored 7 Genusspunkte | @JFK-Plaza


In the end, Lelio earns the powerful close of The Wonder with every temperate turn. His film, a career-best, departs like a birdsong, with an optimistic finale as perfect and revelatory as they come.

Tomris Laffly in TheWrap
Veröffentlichung der JoJo-Times Ausgabe No. 2 (koloriert)
Trailer zu »The Wonder«
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»The Stranger«

This event was held on the 19th of December | »The Stranger« scored 6,3 Genusspunkte | @JFK-Plaza


What makes The Stranger work is how this all creates an experience that feels as though the two men have become almost doomed to a life where they will aimlessly wander in what feels like an Australian purgatory. Whether they ever manage to escape and uncover some sort of closure is irrelevant to the growing rot that threatens to consume their souls no matter what they do.

Chase Hutchinson in Collider
Zwei Männer auf der Suche nach einem Friseur.
Trailer zu »The Stranger«
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»The Menu«

This event was held on the 16th of November 2022 | »The Menu« scored 6,36 Genusspunkte | @Filmpalast


This is a vengeful dark comedy that probes percolating class anxieties (a popular theme in cinema lately). It indulges in opportunities to strip the emperor of his clothes, and while that doesn’t necessarily translate to the most revelatory social commentary, it does make for an amusing ride.

Lovia Gyarkye in The Hollywood Reporter
Voldemort und die Northman-Hexe beim alljährlichen BauCons-Herbstdinner.
Trailer zu »The Menu«
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»Guillermo Del Toros Pinocchio«

This event was held on the 22nd of December 2022 | »Guillermo Del Toros Pinocchio« scored 8 Genusspunkte | @JFK-Plaza


Pinocchio feels like the best mix of classic del Toro and new del Toro, with the wisdom and melancholy that comes with age and experience, yet his bright-eyed love of fairy tales from his Spanish-language films. Perhaps more impressive is how Pinocchio pushes the oldest form of animation to new places, and like the puppet himself, breathes life into inanimate objects.

Rafael Motamayor in IndieWire
BRUUUUUUUDER, einmal an der Sesamstange gezogen und plötzlich wach ich im Werkraum der Erik-Wozny-IGS im Werkraum auf und fühl mich einfach wie ein Holzbube.
Trailer zu »Guillermo Del Toros Pinocchio«
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»Glass Onion«

This event was held on the 30th of December 2022 | »Glass Onion« scored 7,6 Genusspunkte | @JFK-Plaza


This picture offers more action, more delicious comeuppances, more daring design and a few genuinely surprising cameos just for good measure. Yet it doesn’t suffer from the usual “give ’em the same thing, but more of it” bloat common in sequels to surprise hits. Its ensemble is more varied than Knives‘, and its critique of the clueless rich more relevant to our age.

John DeFore in The Hollywood Reporter
Rodizio Singapur BauCons Secret Premium Lounge (hier vermietet an das Kniffel WM Austragungsortausknoblungskomitee)
Trailer zu »Glass Onion«
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»Amsterdam«

This event was held on the 26th of November 2022 | »Amsterdam« scored 6,82 Genusspunkte | @Filmpalast


It’s an audacious odyssey that buckles under the weight of all its ornate and flights of quirky fancy. But if you’re a cynical optimist that’s disgusted with the rise of despotism, absolutism, rancid lies, revolting white supremacist beliefs but still wants to believe in humanity, hope, and the goodness of people, it might just strike a major chord.

Rodrigo in The Playlist
Eine Tapete in gräulichem Blau, darauf allerlei gerahmte Bilder, Kupferstiche und weitere Papierstücke. Rechts eine Vase auf dem Schrank. Zwei Männer und eine Frau versperren die Sicht auf die geschmackvolle alteuropäische Einrichtung.
Trailer zu »Amsterdam«
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»Crimes of the Future«

This event was held on the 15th of November 2022 | »Crimes of the Future« scored 7,46 Genusspunkte | @Studio Kino


Crimes of the Future is Cronenberg to the core, complete with its fair share of authorial flourishes (the moaning organic bed that its characters sleep in is a five-alarm nightmare unto itself) and slogans (“surgery is the new sex”). At the same time, however, this hazy and weirdly hopeful meditation on the macro-relationship between organic life and synthetic matter ties into his more wholly satisfying gross-out classics because of how it pushes beyond them.

David Ehrlich in IndieWire
“Frau Doktor, bin ich schwanger?” “Nope, das sind die sechs Luxusburger vom Samstag.”
Trailer zu »Crimes of the Future«
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Preview November

CRONENBERG CRONENBERG CRONENBERG CRONENBERG CRONENBERG CRONENBERG CRONENBERG CRONENBERG CRONENBERG CRONENBERG CRONENBERG CRONENBERG CRONENBERG CRONENBERG CRONENBERG

David Cronenberg ist endlich wieder zurück und nicht mit einer Literaturverfilmung, nicht mit Gangsterstreifen, sondern SO RICHTIG. »Crimes of the Future«, Sci-Fi-Setting, es wachsen Organge mit unbekannten Funktionen, ein Aragorn sagt sich, er macht ‘ne Performance-Show draus, wie er sich das Zeug rausoperieren lässt. Körperhorror par excellence, lustvoll atmendes wildes Fleisch, Zungen in chirurgisch geschaffenen Körperöffnungen, WAS WILL ICH MEHR? Genau: Neben good old Viggo Mortensen (»Herr der Ringe«, »Green Book«, »Dreizehn Leben«) gibt es gleich meine beiden Queens Léa Seydoux (»No Time to Die«, »France«, »The French Dispatch«) und Kristen Stewart (»Spencer«, »Personal Shopper«). Plus »Berlin Alexanderplatz«-Protagonist Welket Bungué. LANG LEBE DAS NEUE FLEISCH!

Einer für, jetzt zwei für euch: Da wäre zum einen der mit Stars gemästete »Amsterdam«. David O. Russell (»American Hustle«, »Silver Linings Playbook«, »The Fighter«) ist wieder da mit einer abstrusen wahren Geschichte, diesmal über ein Trio von Freunden zwischen den Weltkriegen. Eine Screwball-Comedy der alten Schule. MASSIV gefloppt in den Staaten. Vielleicht aber dennoch für den einen oder die andere hier interessant. Denn der Cast setzt sich wie folgt zusammen: Margot Robbie, Christian Bale, John David Washington, Robert De Niro, Anya Taylor-Joy, Rami Malek, Chris Rock (verwundet von Will Smith), Zoe Saldaña, Mike Myers, Michael Shannon, Timothy Olyphant, ANdrea Riseborough, Matthias Schoenaerts und Taylor Swift (mit deren Schlüsselszene sich der Film laut David Ehrlich unsterblich mache).

Der November scheißt euch aber mit noch mehr Stars zu, denn Rian Johnson schickt wieder ein illustres Ensemble in einen Mordfall unter Aufsicht vom Donut-Detektiv Benoic Blanc. »Knives Out« geht mit »Glass Onion« in die zweite Runde, der Ring ist diesmal Griechenland, die Kontrahenten sind unter anderem Edward Norton, Janelle Monáe, Ethan Hawke, Dave Bautista und Kate Hudson. Daniel Craig natürlich mittendrin. Nachdem der erste Teil gleich zwei Goldene Luxusburger gewann, sehe ich mich gezwungen, den hier mit aufzunehmen. What you get is what you see. Ich schätze, die potentiellen Interessenten, sind eh sold. Genau wie die Rechte am dritten Teil der Krimireihe, wie man munkelt.

So, nach einem JFK-Darling nun der große Antagonist des kultigen Kinokonglomerats: Deutsches Kino. Mit Hans-Christian Schmid kehrt *endlich* der Regisseur von »Requiem« zurück, einem der aufregsten Filme der 2000er. Diesmal greift er sich den autobiographischen Entführungsroman »Wir sind dann wohl die Angehörigen«. Die Besonderheit ist, dass dieser legendäre deutsche Kriminalfall nicht als »Taken«-artige Thriller-Grütze aufgezogen wird, sondern mehr als Psychodrama der hilflosen Hinterbliebenen. Schmid hat ein besonderes Talent für Familiendynamiken, für diffuse Unruhe. Sehr gute Kritiken, gilt als einer der großen deutschen Filme der Saison.

Nochmal wahrer Fall, diesmal aber Frankreich. Vielleicht klingelt es bei einigen noch beim Namen Bataclan, ein Pariser Club, in dem es 2015 einen islamistischen Terroranschlag gab. »Meinen Hass bekommt ihr nicht« erzählt nun, insofern auch ähnlich zum Schmid-Film, die Geschichte eines Mannes, der seine Frau bei den Anschlägen verloren hat. Ein Film über Trauer, Trauma, aber auch den persönlichen wie nationalen Kampf darum, dass das Leben weiter geht. Und wie man dem Hass des Terrors antwortet. Vielfach gelobt als intimes Drama, aber auch eindringliches Porträt modernen Terrorismus.

Keinen Bock auf wahre Geschichten? Dann passt vielleicht »Bardo«, der (auch schon im Original) den Beititel »Die Erfundene Chronik einer Handvoll Wahrheiten«. Den neuen Film vom fünffachen Oscarpreisträger Alejandro González Iñárritu (»Birdman«, »The Revenant«) habe ich bereits in Venedig gesehen. Der Maestro tritt diesmal in ein kunterbuntes Spiegelkabinett zwischen mexikanischen Flüchtlingsströmen, US-Flughafenkontrollen und Axolotln im Bus. Sein »Otto e mezzo«, mit Ansage, als epische Tragikomödie. Gewaltige Bilder, unbedingt auf der großen Leinwand sehen.

Ein anderer Mexikaner bekommt dieses Jahr nach »Nightmare Alley« eine zweite Chance an den deutschen Kinokassen. Endlich durfte Guillermo del Toro nämlich seinen »Pinocchio« machen. Die dreitausendste Verfilmung in den letzten fünf Jahren, diesmal aber als richtig schöner Animationsfilm mit der gewohnt märchenhaften Phantasmagorik des Meisters. Und diesmal auch mit Mussolini im Hintergrund. Lieber eine Holzpuppe mit wachsender Nase als ein Faschist.

Auch animiert ist ein Film, auf den sich ein paar wie ich weiß schon sehr freuen und anscheinend soll er im November wirklich kommen: »Inu-oh« erzählt von einem Jungen, das sich aufgrund außergewöhnlicher Körpermerkmale am ganzen Leib mit Stoffen, einschließlich Maske bedeckt. Dann trifft er ein anderes Kind, einen blinden Musiker, woraus sich eine Freundschaft bildet, die aber auch an den beiden Geheimnissen der Jungen rührt. Groß gefeiert vor einem Jahr am Lido.

Wie bleiben in Ostasien, bewegen uns aber ein Stückchen nach Westen: Aus Südkorea kommt »Die Schriftstellerin, ihr Film und ein glücklicher Zufall«. Wie jedes Jahr hat Hong Sang-Soo damit einen Preis auf der Berlinale gewonnen und es ist halt wieder Hong Sang-Soo. Hong dreht jedes Mal den exakt gleichen Film und das seit fast drei Dekaden. Minimalistische Dialogdramen ohne nenneswerte Handlung, gedreht mit Mikro-Budget, im Grunde immer mit Kim Min-Hee (»Die Taschendiebin«). Die kommen fast nie nach Deutschland. ENDLICH hat es jetzt aber mal wieder einer (jedes Jahr kommen in etwa zwei neue Streifen) in die Bundesrepublik geschafft. Absolutes Filmnerd Material, aber vielleicht mal nach der Öffnung durch Hamaguchi mit »Drive My Car« und »Das Glücksrad« auch interessant für normalere Menschen. Hong ist in Korea übrigens so einflussreich, dass es mittlerweile flächendeckend den Begriff des “Post-Hongian-Cinema” gibt. Für mich jedenfalls ein absolutes Highlight diesen Monat, zumal es so selten eine Gelegenheit gibt, diesen filmischen Seelenbalsam auftragen zu dürfen.

Ich knall jetzt einfach noch zwei Hardcore Arthouse-Kracher hinterher: Der Erste ist »Il Buco – Ein Höhlengleichnis«, den ich letztes Jahr im Rahmen des Internationalen Filmfestival Mannheim-Heidelberg gesehen und war völlig weggeblasen. Noch nie sowas gesehen. Fast dokumentarisch wird der Abstieg in eine der welttiefsten Höhlen während der 60er in Norditalien gezeigt, jedoch rauscht da die ganze Zeit etwas diffuses Unheimliches im magischen Realismus von Michelangelo Frammartino. Sagenhafte Bilder, die nicht umsonst mit der Goldenen Schnecke prämiert worden. Großer Kritikerliebling. Auch von mir.

Der andere ist wieder ein (nicht erschrecken) deutscher Film. »Echo« lief auf der Berlinale, kam gut weg und klingt ordentlich. Ein Afghanistan-Veteran landet in der Provinz, aber das Trauma hallt nach. Gleichzeitig werden zwei Dinge gefunden: eine Mädchenleiche und eine Weltkriegsbombe. Irgendwie schwarzhumorige Satire auf den typisch deutschen Heimatkrimi, dann aber auch wohl sehr tiefschneidend psychologisch, dann jedoch wieder völlig surreal. Antike Mythen und Papageien, alles, was man so braucht.

Wo wir gerade bei rauem Land sind: Niemand hat das karge britische Land so gemalt wie die Brontës. Und Emily Brontës Geschichte (die Autorin von »Wuthering Heights – Sturmhöhe«) kommt jetzt auf die große Leinwand mit »Emily«. Kostümdrama, aber ohne großen Pomp, feministisch, empfindsam, leidenschaftlich. Vielleicht sogar zur anschließenden Lektüre motivierend.

Puh, aber wer hat denn Zeit 500 Seiten zu lesen? Ein echter Chefetageler hat für sowas doch keine Zeit! Zwischen Astor und Kopenhagener Aufsichtsrat kann man nur eines lesen: eine Speisekarte. Daher lüften wir die silberne Glücke und schauen uns doch mal »The Menu« mit Anya Taylor-Joy (»Das Damengambit«, »Emma.«, »The Northman«), Nicholas Hoult (»The Favourite«, »Mad Max: Fury Road«) und Ralph Fiennes (»Harry Potter«, »Kingsman«, »Grand Budapest Hotel«) an. Ein Pärchen, eine abgelegene Insel, ein Luxus-Restaurant, viele dunkle Überraschungen. Quasi Rodizio. Hoffentlich auch genauso blutig. Soll zumindest eine Art satirischer Horrorthriller sein. Adam McKay (»Vice«, »Don’t Look Up«) hat produziert.

Apropos »Don’t Look Up«: den Weltuntergang gibt es auch noch. Zumindest im Orginaltitel: »Armageddon Time« (zu Deutsch »Zeiten des Umbruchs« (*Schmerz*) erzählt semi-autobiografisch die Geschichte einer jüdischen Familie im New York der 80er. Gebildet wird diese Familie aus Anne Hathaway (»Brokeback Mountain«, »Der Teufel trägt Prada«, »Interstellar«), Jeremy Strong (»The Big Short«, »The Gentlemen«, »Succession«) und Anthony Hopkins (»Das Schweigen der Lämmer«, »The Father«) plus Nachwuchstalent Banks Repeta. Sehr gefühlvolles Ensembledrama, in Cannes gefeiert. Geschrieben und inszeniert von James Gray (»Ad Astra«, »Versunkene Stadt Z«).

Und was ist noch schlimmer als der Weltuntergang? Richtig: eine deutsche Feelgood-Komödie. Normalerweise springen die hier immer von der Klinge, aber nachdem LO sein Herz Hals über Kopf an »Wunderschön« verloren hatte, bin ich verpflichtet, auch den neuen Karoline Herfurth Film hier mit aufzuführen. »Einfach mal was Schönes« ist schon der zweite schöne Titel infolge und ist natürlich auch wieder so richtig schön. Ich übernehme hier jetzt einfach mal die Inhaltsangabe von meinem Arbeitgeber: Egal, wie sehr die Radiomoderatorin Karla sich auch bemüht, sie findet einfach nicht den richtigen Mann, um eine Familie zu gründen. Doch allmählich läuft ihr die Zeit davon: Karla wird 40, die biologische Uhr tickt. Also beschließt Karla, ihr Mutterglück nicht mehr von einem Mann abhängig zu machen, sondern allein ein Kind zu bekommen. Allerdings zeigt sich ihre Familie, zu der sie ohnehin ein leicht chaotisches Verhältnis hat, von dieser Entscheidung wenig begeistert. Auch nicht einfacher wird die Situation, als Karla sich in Ole verliebt, der zwar wunderbar zu ihr passt, aber leider sehr viel jünger ist, als sie selbst. Schön.

Zwei schnelle Streaming-Kandidaten, beide Netflix: In »The Stranger« wird eine spontane Flugzeugfreundschaft schnell brisant, als ein ungelöster Mordfall Sean Harris (»Spencer«, »The Green Knight«) und Joel Edgerton (»Dreizehn Leben«, »Star Wars«) auch noch zu verbinden beginnt. Grimmig in die Nacht murmelndes Thrillerdrama, atmosphärisch dicht, schauspielerisch intensiv.

Noch intensiver könnte aber dank der Goldenen Schnecken Gewinnerin Florence Pugh (»Don’t Worry Darling«, »Little Women«, »Midsommar«) Sebastián Lelios neuer Film »The Wonder« werden. Florentino Cappucino soll Mitte des 19. Jahrhundert weit draußen im irischen Niemandsland ein Mädchen heilen, das plötzlich aufgeöhrt hat zu essen, aber dennoch Monat für Monat weiterlebt. Handelt es sich um ein Wunder? Betrug? Teufelei? Sherlock Flomes ermittelt als Exflozist. Geschrieben von Alice Birch (»Normal People«, »Lady Macbeth«, »Succession«).

Nun aber wieder zum Wesentlichen.

LANG LEBE DAS NEUE FLEISCH! LANG LEBE DAS NEUE FLEISCH! LANG LEBE DAS NEUE FLEISCH! LANG LEBE DAS NEUE FLEISCH! LANG LEBE DAS NEUE FLEISCH! LANG LEBE DAS NEUE FLEISCH! LANG LEBE DAS NEUE FLEISCH! LANG LEBE DAS NEUE FLEISCH! LANG LEBE DAS NEUE FLEISCH!

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»Wendell & Wild«

This event was held on the 31st of October 2022 | »Wendell & Wild« scored 7,18 Genusspunkte | @JFK-Plaza


For all the clever satirical touches and asides, the gorgeously intricate, wondrous stop-motion landscape is ultimately pure Selick, imbued with a fitting color scheme of swirling, eerily glowing greens and purples choreographed against a mischievous score by Bruno Coulais that effectively sets the mood for the film’s pre-Halloween arrival.

Michael Rechtshaffen in The Hollywood Reporter
Was du siehst, wenn du drei Nächte später um drei Uhr Nachts in Frankfurt an der Oder wieder aufwachst.
Trailer zu »Wendell & Wild«