Categories
Preview

Preview Mai

Während draußen ein Trommelfeuer von Regen auf mein Fensterbrett drischt, so ist doch eigentlich die Sonne über unserer Hemisphäre aufgegangen. Kurze Hosen werden von Sommerkleiderschößen umwuselt, grünes Gras wird braungebruzelt, Studenten quellen wie Qualquappennester über die Parkflächen unserer Innenstädte. Aber sind wir einmal ehrlich: Was kümmert uns das? Im aklimatisierten Dunkel unseres samtenen Kinosaals schlürfen wir an unserem ASTOR-Begrüßungsdrink und lachen mit vom Luxus prickelnden Lippen über das orientierungslose Völkchen unter dem Feuerball da draußen. Doch dicke Feuerbälle bekommen wir auch auf unserer Leinwand:

Während ihr schon letzten Monat die Abenteuer eines Stuntmans in »The Fall Guy« bestaunt habt, gibt es diesen Monat einen Film, der ein Meisterklassenprodukt dieser Zunft sein wird: »Furiosa« setzt George Millers Action-Saga »Mad Max« fort, diesmal ohne den wilden max in der Mitte, sondern eben die Rebellin, die wir in »Fury Road« kennenlernten. In ihrer Vorgeschichte wird der Outlaw jedoch nicht erneut von Charlize Theron gespielt, sondern diesmal von Anya Taylor-Joy (»Emma.«, »The VVitch«, »Queen’s Gambit«). An ihrer Seite rasen zudem Chris Hemsworth (»Avengers«, »Extraction«) und Tom Burke (»Living«, »The Souvenir«) durch die postapokalyptische Wüste. Alle haben coole Vehikel und sonst nichts zu verlieren außer die Aussicht auf die Macht in der Kriegsfürsten-Einöde. Um es mit »Fire Walk with Me« zu sagen: Let’s Rock! Am besten auf großer Leinwand mit FETTEM Soundsystem. Die Sitze müssen wieder vibrieren.

Der nächste fette Film ist wohl vom Tempo eher das Gegenteil. Denn Nuri Bilge Ceylan ist nun einmal als der große Romancier des türkischen Kinos bekannt und seine Werke sind entsprechend wortreich. Jedoch ist besonders sein neuer Film »Auf trockenen Gräsern« gar nicht so sperrig, sein wohl am wenigsten radikaler bislang. Denn das Drama ist ziemlich spannend und wendungsreich. Etwas stimmt nämlich nicht in dem schneeverwehten Dorf, in das der Lehrer Samet zurückkehrt. Vielleicht ist es auch nicht die zerklüftete Gemeinde, sondern er. Jedenfalls entsteht durch die Unzufriedenheit miteinander Reibung. Zwischen ihm und den Schülern, zwischen alten Freunden, zwischen neuen Affären. Doch die allgemeine Festgefahrenheit des Kaffs scheint auch keinen Ausweg zuzulassen. Bis ein junges Mädchen eine Anschuldigung erhebt. Dieses junge Mädchen ist nur eine großartige Darstellerin in diesem großartigen Ensemble, dass drei Nominierungen bei den Goldenen Schnecken erhielt und eine Auszeichnung in Cannes abgreifen konnte. Ihr Schauspiel und die malerisch weiten Bilder machen diesen zugegebenermaßen langen Film zu einem fesselnden Vexierspiel von Machtspielen, Intrigen und der Suche nach etwas menschlichen Glück in bitterster Kälte. Ich habe den Film bei der letzten Viennale als letzten Film von fünf an dem Tag gesehen und ich wurde nicht umgewalzt, sondern war vollkommen belebt und erfrischt, weil dieses große Werk sich so vollständig, so makellos, so lückenlos erzählt, dass es sich wie die Entdeckung eines Klassikers anfühlte. Ich stand an der U-Bahn-Station und dachte: Ja Mann, das war Kino, in wie ich es mich damals verliebt habe.

Etwas plättender war der ebenfalls sehr lange neue Film von Radu Jude, der an dem Tag ebenfalls der letzte nach einem langen Tag war. Nach seinem Berlinalegewinner »Bad Luck Banging or Loony Porn« ist der wahnwitizige rumänische Satiriker zurück mit einem weiteren wortreichen Titel: »Erwarte nicht zu viel vom Ende der Welt«, der auch sein mit fast drei Stunden dickster Film ist. Und einer seiner besten. Ganz kurz: Eine Frau fährt durch Bukarest und castet invalide Arbeiter*innen für ein Unternehmens-Werbevideo. Was es kompliziert macht: All das Drumherum. Rumänische Taxifilmklassiker, Andrew-Tate-Parodie-TikToks, Landstraßenunfallgräbercollagen, Rückbanksex, ein Uwe-Boll-Cameo. Ich habe mal versucht, zu ordnen, was da grob los ist, aber letztendlich muss man es wohl selber entdecken. Und selbst dann ist es noch unfassbar. Unfassbar witzig, unfassbar albtraumhaft und eben doch ganz banal nebenan. Der Ostblock halt.

Den bekommt ihr leider nur auf MUBI, nicht auf der Gartenbaukinoleinwand, sorry. Aber gemeinsam online können wir »Are You There God? It’s Me, Margaret« gucken. Was ganz Harmloses: die kleine Coming-of-Age-Geschichte einer 11-Jährigen in einem US-Vorort, in den Rachel McAdamas (»Mean Girls«, »Wie ein einziger Tag«, »Spotlight«) mit ihrer Tochter zieht. Kathy Bates (»Titanic«, »Der Fall Richard Jewell«) und Benny Safdie (»Oppenheimer«, »Licorice Pizza«) schauen auch nochmal rein. Großer Kritikerliebling, warmherzig, eloquent und erfrischend. Und auch unter drei, sogar unter zwei Stunden.

Für unseren letzten Film gehen wir nochmal zurück auf die Leinwand, obwohl er von Netflix ist. Denn endlich kommt »May December« nach Deutschland. Ich hatte dieses kleine Meisterwerk schon einmal letztes Jahr angekündigt und jetzt auch eine jubelnde Kritik geschrieben, aber nochmal kurz: Natalie Portman (»Léon der Profi«, »Star Wars I-III«) spielt eine Schauspielerin, die eine Boulevardpresse-Legende in einer kommenden Produktion verkörpern soll. Jene berüchtigte Legende ist Julianne Moore (»Boogie Nights«, »The Big Lebowski«) , deren Figur mit einem Schuljungen eine Affäre hatte, schwanger von ihm ins Gefängnis ging und nun seit Jahren mit ihm zusammenlebt, obwohl er altersmäßig ihr Sohn sein könnte. Aiaiai. Herrlich unangenehm seziert Todd Haynes (»Carol«, »Dark Waters«) in dieser Psychodrama-Komödie die überspannten Heuchler der amerikanischen High Society, hat aber bei aller Befremdung auch viel Mitleid mit diesen armen, kapriziösen Seelen. Nicht warten, bis er ins Streaming kommt, sondern auf großer Leinwand die kleinen fiesen Details genießen!

Nicht viele Filme, aber toller Monat, muss ich sagen! Es kommt auch nochmal »Robot Dreams«, den aber die meisten auch schon gesehen haben, aber kann man den vielleicht besten Animationsfilm des Jahres nicht nochmal schauen? Jedenfalls gibt es genügend Gründe zur Flcuht aus dem Sonnenlicht, fort vom Pesthauch der schwülen Schweißluft. Bah. Da lob ich mir doch den Geruch des Scala-Popcorns!

Hochachtungsvoll von der Ostfront, nahe beim Mittelmeer (fast)

Euer JFK-President

Categories
Movie Upcoming

»Furiosa«

In theatres 23rd of May | @Savoy


Als die Welt untergeht, wird die junge Furiosa vom Grünen Ort der vielen Mütter entführt und fällt in die Hände einer großen Bikerhorde unter der Führung des Warlords Dementus. Bei ihrem Streifzug durch das Ödland stoßen sie auf die Zitadelle, die vom Immortan Joe beherrscht wird. Während die beiden Tyrannen um die Vorherrschaft kämpfen, muss Furiosa viele Prüfungen überstehen, während sie die Mittel zusammenstellt, um ihren Weg nach Hause zu finden.

Warner Bros.
Joris (erkennbar am roten Bard) wird noch röter im Angesicht von Anya Taylor-Joy, weil sie seine Verrisse ihrer letzten Filme gesehen hat.
Categories
Movie Upcoming

»Auf trockenen Gräsern«

In theatres 16th of May | @Abaton


This is Ceylan at his most limber and mischievous, the filmmaking exhibiting a generosity and curiosity that belies the script’s defense of individualist, even isolationist, living, at whatever cost to one’s own happiness.

Guy Lodge in Variety
O.B.C.-Media-Drehort-Suche bei der Barendorfer Kiesgrube
Categories
Movie Upcoming

»Erwarte nicht zu viel vom Ende der Welt«

Streamable on MUBI 3rd of May | @JFK-Plaza


Noch mehr als vorher geht es diesmal in die Welt von Film und Medien. Angela hält sich mit Gelegenheitsarbeiten in diesem Business über Wasser und ist mehr oder weniger das Mädchen für alles. Ein österreichisches Unternehmen dreht einen Imagefilm für seinen rumänischen Zweig und sie soll nun invalide Opfer der rabiaten Sparpolitik finden, damit diese für einen kleinen Obolus vor der Kamera ihre Kollegen zur größeren Vorsicht ermahnen. Die Devise: Immer Helme tragen! Egal woran man erwischt wurde. Angela nimmt den Zynismus ihres Jobs hin und entlädt die Aggressionen von Ausbeuterei und städtischem Stau in viralen TikToks, in denen sie als Andrew-Tate-Verschnitt vom hypermaskulin-asozialen Lifestyle eines Erfolg-Machos erzählt.

Joris Coerdt on Letterboxd
Leuphana Proseminar Audimax-Architektur als Hybrid-Veranstaltung
Categories
Movie Upcoming

»Are You There God? It’s Me, Margaret«

Streamable on Netflix | @JFK-Plaza


Craig’s spin on Blume’s classic is just as exhilarating as her debut film “The Edge of Seventeen.” Her deep respect for the foibles of girldom and her emotionally intelligent exploration of prickly family dynamics make her a perfect match for the material, and elevates Are You There God? It’s Me, Margaret far above most modern films that attempt to tackle similar material.

Marya E. Gates in RogerEbert.com
Julianne Moore und Nathalie Portman bestaunen die haushohe Torte, die sie zusammen mit Jasmin gebacken haben. Letztere verziert noch an der Spitze in 14 Metern Höhe.
Categories
Preview

Preview April

Werte Aktionäre,

Avril est venu, Lila kräuselt sich im Betongrün meines Wohnheim-Campus. Während ich durch ein etwas weniger zerfrorenes Wien wanke und dem Sonnenblitzen mit Vampirfauchen, den Kopf in den Fledermausmantel gesteckt, entfliehen zu suche, bleibt Norddeutschland verlässlich stramm verdröbbelt. Oder? Ganz gleich, es lockt einen raus, aber mit dem Bedürfnis, noch etwas Sicherheit zum Rückzug zu haben. Und welche Lichtsamtfalle wartet da mit Wärme, Dach und Zuckerduft auf unsere klammen Knochen? Sie hat viele Namen: Savo, Scala, Filmpalast, Studio, Abaton. Sucht es euch aus. Verteilt sind die vielen Titel dieses ersten vollen Frühlingsmonats nämlich vermutlich quer durch die Bank. Aber wir sind ja auch verstreut, also perfekt vorbereitet.

Der erste Titel kommt sogar aus meiner Hood, zumindest fast: »Andrea lässt sich scheiden« spielt nicht in Wien, sondern in der breitakzentigen Provinz, aber dem Österreicher glüht das Herzle dadurch nicht minder. Der gute Josef Hader (»Wilde Maus«, »Der Knochenmann«) ist zurück und landet erneut eine knochentrockene Komödie in typischen Österreicher-Stil: Tod, Suff und Hoffnungslosigkeit, ohne das man sich davon groß aus der Ruhe bringen lassen würde. Goldene-Schnecken-Gewinnerin Birgit Minichmayr (»Nur Gott kann mich richten«, »3 Tage in Quiberon«) überfährt versehentlich des Nachts auf der Landstraße ihren werdenden Ex-Mann, schafft es aber nach Fahrerflucht nicht mit dem Vorfall in Verbindung gebracht zu werden. Stattdessen sind ihre Kollegen auf dem Revier sicher, dass es der depressive, schwer alkoholkranke Religionslehrer der Gemeinde war, der auch selbst von seiner Schuld überzeugt ist. Lakonisch verkörpert von Hader selbst. In einer köstlichen Nebenrolle Thomas Schubert (»Roter Himmel«), in den ich paar Tage vor der Premiere in Berlin fast auf dem U-Banh-Gleis reingerannt bin. Ist keine deutsche Komödie, also gelten alle Vorurteile nicht. Hatte – wie der ganze Zoopalast – sehr viel Spaß in Berlin.

»Io Capitano« hat wohl nicht in dem Sinne Spaß gemacht für die meisten, wurde aber nichtsdestotrotz auf den Festivals der Welt gefeiert und nicht nur in Venedig auch prämiert. Matteo Garrone (»Gomorrah«, »Dogman«, »Das Märchen der Märchen«) hat diesmal weder Gangster- noch Märchenfilm gemacht, sondern einen über die Flüchtlingskrise. Und reist dafür in die Wüste. Er begleitet den jungen Seydou und seinen Cousin auf ihrer Irrfahrt von Dakar nach Europa, durch die engen Staus in Libyen und die erstickende Weite des Mittelmeers. Mit viel dokumentarischem wie magischem Realismus erzählt Garrone eine homerische Odyssee in unserer unmittelbaren Gegenwart. Definitiv einer der großen, wichtigen Titel diesen Monat.

Ein paar Titel lasse ich diesen Monat raus, weil die wohl nur in meiner Ecke des Pools schwimmen, dafür keschere ich im Gegenzug zwei Titel für euch ran, die mich so gar nicht jucken:

Zum einen ist da »Monkey Man« mit Dev Patel (»The Green Knight«, »Slumdog Millionaire«, »David Copperfield«). Produziert von Jordan Peele wird hier eine Art indischer John Wick zwischen blutigen Fight Clubs und korrumpierten Hochhauseliten  erzählt. Wirkt sehr stylisch, könnte Spaß machen, aber auch viel Blödelei auf zwei Stunden kloppen. Hat für mich gelinde gesagt keine Priorität. Aber wenn man mal ‘nen Abend frei hat…

Selbst wenn ich eine Woche lang nichts zu tun hätte, würde ich nicht in den neuen Guadagnino (»Suspiria«, »Bones & All«, »Call me by your name«) gehen. Aber ich schätze, ihr wollte »Challengers« gucken. Ein sexy Tennisdrama im gemischten Liebesdreieck-Doppel rund um eine arrogant über die Sonnenbrille lukende Zendaya (»Dune«, »Euphoria«, »Spiderman«). Sieht bestimmt wieder auch abseits der athletischen Sternchenkörper toll aus, aber nach drei Fiaskos muss ich mir nicht nochmal eitle Hochglanz-Kunstscheiße vom Breitbartitaliener antun. Ich kann euch aber wohl auch nicht aufhalten…

Nicht großartig wird vermutlich auch »The Fall Guy« werden, dennoch hab ich da schon mehr Bock drauf. Ryan Gosling (»La La Land«, »Barbie«, »Drive«) erlebt explosive Abenteuer als Stuntman mit Namen Colt Seavers und lässt sich auch nicht von noch so krassen Unfällen aufhalten. David Ehrlich von IndieWire kann es selbst nicht fassen, dass er mal einen David-Leitch-Film (»Bullet Train«, »Deadpool 2«, »Fast & Furious: Hobbs & Shaw«) mag, aber selbst er kann sich nicht wehren. Und als Bonus gibt es im Ensemble noch Emily Blunt (»Der Teufel trägt Prada«, »A Quiet Place«, »Oppenheimer«), Stephanie Hsu (»Everything Everywhere All at Once«, »Joy Ride«) und Aaron Taylor-Johnson (»Bullet Train«) oben drauf. Action-Abenteuer-Comedy für die laute Leinwand.

Für die ganze leise Leinwand gibt es Neues von Ryūsuke Hamaguchi (»Drive My Car«, »Das Glücksrad«): »Evil Does Not Exist« erzählt von einer kleinen japanischen Gemeinde am japanischen Winterwald, denen nun ein Unternehmen ein Touristen-Projekt vor die Haustür bauen will. Zwei Marketing-Fuzzis müssen den Clash mit dem Biosystem verargumentieren, doch ein Holzfällervater hat mit seiner Tochter ganz andere Sorgen. Mit viel Lyrik komponiert Hamaguchi hier einen eigentlich fragilen Film, der lange schweigt und über die Natur staunt, dann wieder wie gewohnt viel im Auto diskutiert, fast radikaler noch als bei seinem Tschechow-Film. Doch die Atmosphäre ist so dicht, dass man in dieser malerischen Studie von Natur und Gemeinschaft sofort einsinkt. Hamaguchi zeigt hier, was für ein brilannter Regisseur ist, nicht nur Autor, traut sich ganz unauffällig über ein sublimes Charakterdrama immer tiefer in ein Mystery-Enigma vor. Bei der Vienalle war nach dem Ende lärmendes Getuschel. Und völlig überforderte Fragen beim Q&A. Großer Sport.

Überforderung gab es auf der Viennale auch beim Q&A zu »Eureka«, wo Regisseur Lisandro Alonso völlig überdreht vom Flug aus Argentinien anfing, das Publikum für lasche Fragen und brüchiges Englisch zu kritisieren. Der Film selbst ist das Gegenteil zu seinem feurigen Regisseur, der beim Abspann im Projektorlicht tanzte: Alonso macht Hardcore-Arthouse-Slow-Cinema, aber der hier ist so kauzig, dass er ein guter Einstieg ist. Trotz seiner Länge. Es fängt als eine Art lakonische, jedoch sehr brutale Antiwestern-Parodie à la »Dead Man« an, wird dann ein schlafwandelnder »Fargo«-Verschnitt mit schweren Depressionen, um final dann zu einem halluzinatorischen Dschungeltrip zur Erleuchtung zu werden, der auch einen Apichatpong Weerasethakul staunen machen dürfte. Ich hatte einen unglaublichen Kinoabend, nicht nur wegen des großen Geister-Vogels. Und dem Q&A. Naja.

Viel besser war damals das Q&A mit Alice Rohrwacher, die leider nur per Zoom zugeschaltet war. Dennoch ein herzlicher Sonnenschein sondergleichen. Ihr neuer Film »La Chimera« ist aus ihrer Filmografie bislang der, den ich am wenigsten mochte, jedoch ist diese volkstümliche Ballade über einen Meister-Grabräuber glaube ich ein guter Zugang zu ihrem rusikalen Kosmos. Magischer Realismus im Gegenwartsitalien, viel Filmkorn, noch mehr Menschen und unerwartet viel Gesang. Wer aus dem Adventskalender »Le pupille« mochte oder schon immer »Glücklich wie Lazzaro« sehen wollte, findet hier einen optimalen Schwesterfilm.

Nicht gesehen und auch fast nicht gelesen habe ich über »Irdische Verse«, jedoch wollte ich das neue Werk von Ali Alisgari in die Preview aufnehmen. Zumal das iranische Kino beim JFK ja Tradition hat. Wobei es diesmal kein Killer-Thriller wie der bejubelte »Holy Spider« letztes Jahr und auch kein reines Moraldrama ist, sondern ein finster-satirischer Episodenfilm über das kruder Bürokratiesystem des Irans. Dessen Zuständigkeitsbereich erstreckt sich nicht nur über die klassischen Formalia, sondern auch bis hin zu Kindernamen, Modezweifeln oder entführten Hunden. Würde ich mir auch gerne ansehen, auch wenn der Iran in Deutschland immer stabiler als in Österreich vertreten ist… Geht für mich rein!

Horror dürfte dafür überall laufen. Nur braucht er manchmal, bis er zu uns kommt. »Cobweb« wurde schon vor Monaten von Red Letter Media empfohlen, aber erst jetzt kommt er zu uns. Als »Knock Knock Knock«. Wie griffig. Und deutsch. Naja, immerhin deutet es auf das hin, worum es geht. Denn hier ist etwas in den Wänden. Oder jemand. Was wäre beunruhigender? Kleiner, fieser, unerwartet halluzinatorischer Schockerstreifen, wo weniger im Vorfeld zu wissen wohl vorteilhaft ist. Dadurch zeichnen sich die besten Horrorfilme aber ja auch aus.

Nachdem wir nun in verschiedenste Genrenieschen getaucht sind, nehmen wir auch noch eine Doku mit. Denn »High & Low« ist noch nicht Spike Lees Kurosawa-Remake – bei dem war jetzt gerade erst Drehstart –, sondern ein Porträt des Modeschöpfer John Galliano. Eigentlich nicht so ganz mein Resort (keine Ahnung, ob es hier Fans gibt), aber nach der damals fulminanten Dokumentation zu Alexander McQueen scheint mir die Branche voll von furiosen wie tragischen Schicksalen zu sein. Und Galliano hatte wohl eines der wildesten in der Designergeschichte. Ich bin deswegen auf den Film gekommen, weil MUBI als Kinoverleih viel Werbung macht, was für mich erstmal ein nicht zu vernachlässigendes Zeichen ist. Zu Wort kommen unter anderem Naomi Campbell, Kate Moss, Penélope Cuz und Charlize Theron.

Als großes Finale der Film, auf den zumindest Lua sich glaube ich mit am meisten freut: A24s »Civil War« zeigt, was hoffentlich nicht nach der diesjährigen Wahl passiert [panisch-hysterisches Lachen]. Kirsten Dunst stolpert mit einer Kamera durch ein untergehendes Amerika und Regisseur Alex Garland (»Ex Machina«, »Annihilation«, »Men«) ballert fette Explosionen um sie herum. Sehr ambitioniertes Projekt. Vielleicht überambitioniert? Der JFK wird es initiativ herausfinden, denn genau wie die Journalisten im Film, lassen wir uns nichts vorschreiben. Liegen nur hoffentlich danach nicht am Boden des Kapitols.

Ihr seht: Wir haben im Grunde ALLES im Angebot, von Genregeblödel bis intellektgeladenster Kunst. Ich hoffe, für alle ist etwas dabei, sodass ich ein paar Einträge auf Letterboxd sehe.

Bis dahin

Euer JFK-President

P.S.: Lennart hat die Website repariert, yeah.

Categories
Movie Upcoming

»Civil War«

In theatres 18th of April


Civil War moves in ways you’d forgotten films of this scale could – with compassion for its lead characters and a dark, prowling intellect, and yet a simultaneous total commitment to thrilling the audience at every single moment.

Robbie Collin in Daily Telegraph
Der JFK-Vorstand duldet keinen Widerspruch.
Trailer zu »Civil War«
Categories
Movie Upcoming

»Irdische Verse«

In theatres 11th of April


Welche Bilder verbleiben der Kunst, wenn uns die Zensur untersagt, unsere gelebte Erfahrung in eine künstlerische Form zu überführen? Regelmäßig stehen Filmschaffende der Islamischen Republik Iran vor dieser Frage. Einer der bekanntesten unter ihnen, Jafar Panahi, begann vor vielen Jahren, diese Frage selbst ins Zentrum seiner Filme zu stellen — nicht zuletzt, weil Panahis Filme wiederholt verboten und er selbst verhaftet wurde.

Patrick Fey in Filmstarts
Wenn beim Baucons-Spieleabend die zehnte Runde Stadt-Land-Fluss einberufen wird und es mittlerweile 03:30 Uhr ist.
Trailer zu »Irdische Verse«
Categories
Movie Upcoming

»La Chimera«

In theatres 11th of April


Alice Rohrwacher entführt uns in ihrem neusten Film erneut in die Vergangenheit Norditaliens, um ihren eigenen Blick auf Gesellschaftsbereiche zu werfen, die kaum Aufmerksamkeit bekommen. „La Chimera“ folgt dem britischen Grabräuber Arthur, der in den 1980er Jahren in der Toskana etruskische Schätze quasi intuitiv aufspürt und in seinem Alltag zwischen Realität und Sehnsucht dahinschwebt.

Bianca Jasmina Rauch in Kino-Zeit
Chantal (r. i. B.) im Märchenland?
Trailer zu »La Chimera«
Categories
Movie Upcoming

»Eureka«

In theatres 25th of April


Wortkarg und bildgewaltig führt Lisandro Alonso das Publikum vom Genre in die Mystik, von Typen zu Figuren, vom Früher ins Heute und wieder zurück: „Eureka“ ist auf ungewöhnliche Art spannend, auf mysteriöse Art spielerisch, auf sehr exakte Art vage.

Harald Mühlbeyer in Kino-Zeit
Wie Joris dem Tot entgegenblickt, weil er sich nicht zwingen lässt, den Unsichtbaren noch einmal zu schauen.
Trailer zu »Eureka«