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Preview August

Moinmoin,

Hauruck die Waschfrau, ihr hier oben habt Sommer? Diese lauwarme Suppe nennt ihr so? Naja, immerhin ist das Sommerloch auch dadurch nicht so schlimm.

Es kommt auch etwas aus den warmen Ländern gleich zu Anfang hergeweht: Ein israelischer Regisseur hat in einer georgischen Ko-Produktion ein Judo-Drama über eine Iranerin gedreht. Cool. wurde schon von Julia und Lua gesehen und sie haben ihn geliebt. In »Tatami« versucht die junge Leila nämlich beim größten Turnier der Welt ihrer Heimat die erste Goldmedaille heimbringen. Doch die Islamische Republik will den Sportsgeist keinen freien Lauf lassen und befiehlt dem Mädchen, mit Absicht auszuscheiden. Befehl ist Befehl. Aber Siegeswille ist auch Siegeswille. In eindringlichem Schwarzweiß stellt sich großes Schauspielkino hier gegen das iranische Diktat, erzählt also mit klassisch intensivem Sportfilm brennend aktuelles Politkino. Ein gewaltiger Publikumsliebling mit und in Co-Regie von Zar Amir Ebrahimi (»Holy Spider«).

Wir machen aber auch gleich weiter mit Exil-Iranerinnen, die den Saal erobern: Bei »Shahid« sind die Leute in der Weltpremiere in Berlin die Leute nicht nur deswegen ausgerastet, weil Crew und Cast in traditionell iranischen Stil auf die Bühne getanzt sind. Der Film selbst kam nämlich vollkommen aus dem Nichts. Erzählt wird autobiographisch die Geschichte der Regisseurin, die ihren Namen ändern lassen will. Doch da hat sie nicht mit den Mühlen der bayerischen Bürokratie gerechnet. Neben tausend Formularen wird unteranderem ein psychiatrisches Gutachten gebraucht, ob die Belastung durch den alten Namen so groß ist, dass er wirklich änderungsbedürftig ist. Wie gesagt: Das ist keine Satire, sondern Realität. Doch während dieser Plackerei stellt sich ihr selber immer weiter die Frage, warum ihr diese Namensänderung so wichtig ist und inwieweit sie damit die Verbindungen zu ihrer alten Heimat kappt. Und dann dreht sich der Film plötzlich auf immer höhere Meta-Ebenen hinter die Kamera. Ein beeindruckend kreatives Gesellschaftsdrama-Komödien-Musical-Experimentalessay über Familie, Flucht und Identität. In Berlin prämiert und als der originellste deutsche Film seit Langem jetzt schon stark in meine Jahresliste eingestiegen.

Hoch in allen anderen Rankings ist aktuell »Longlegs«. Überall heißt es, es sei DER Horrorschocker des Jahres, DER Serienkillerfilm seit »Schweigen der Lämmer« oder »Sieben«. Das Marketing ist clever nebulös und lockt mich alleine schon durch die kryptischen Bilder von Masken und Körpern, daher will ich hier auch gar nicht zu viel verraten. Alles, was ihr braucht und bei euch sowieso schon reicht: Nicolas Cage spielt den titelgebenden Killer. Hab total Bock.

Ziemlicher Underdog des Monats ist wohl »The Dead Don’t Hurt«. Ein Westerndrama mit Vicky Krieps (»Der seidene Faden«, »Corsage«) und Viggo Mortensen (»Herr der Ringe«, »Green Book«, »Crimes of the Future«), das auch noch VON Herrn Mortensen selber inszeniert wurde. Im Nevada der 1860er versuchen eine Franco-Kanadierin und ein Däne fußzufassen, doch der amerikanische Cocktail von Bürgerkrieg, Korruption und ewigem Staub machen den Neuanfang nicht einfach. Impressionistisches Charakterkino mit Cowboyhüten, Pferden und einem prächtigen Schnurrbart-Viggo.

Vier sehr unterschiedliche kleine Filme machen doch einen soliden Sommermonat. Wenn die Filme euch zu klein sind, könnt ihr auch in »Borderlands« gehen, da gibt es immerhin Cate Blanchett. Aber für unseren Kinoklub sah ich mich in der Pflicht, eher das vorzustellen, was nicht eh die Gamerboyz and -girlz auf dem RGB-beleuchteten Second-Screen haben.

Man sieht sich beim Sommertreffen! Danke an Julia!

Euer heimkehrender Kaiser

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»The Dead Don’t Hurt«

In theatres 8th of August| @Scala


Mortensen is playing with iconography here, so it’s less about that destination than the journey — and he finds the right, delicate, evocative note to conclude on and holds it exactly as long as he should. “The Dead Don’t Hurt” isn’t your typical revenge Western, but audiences willing to stick with it will find a picture rendered with grace, patience, and artistry

Jason Bailey in The Playlist
Ein Lüneburger Salzbaron kauft seiner Frau zum Hochzeitstag ein ganzes Dorf. In Bar. Barendorf ward geboren.

https://youtu.be/Xgv25Ni_jv0?si=M6alaeKQKLPG4Fzx

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»Longlegs«

In theatres 8th of August| @Filmpalast


Terrifying in the abstract even as it grows increasingly absurd to watch, “Longlegs” slinks its way into that liminal space between childhood nightmares and grown-up practicalities with the same precision that it splits the difference between serial killer procedurals and supernatural psychodramas (let’s say “The Silence of the Lambs” and Kiyoshi Kurosawa’s “Cure”).

David Ehrlich in IndieWire
The TikTok community will ignite a transformative mindset fueled by curiosity, imagination, vulnerability and courage.

https://youtu.be/OG7wOTE8NhE?si=YcM7UVsieOqSB9Xw

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»Shahid«

In theatres 1st of August| @tba


So entsteht ein vielschichtiges Porträt von Identität, das die echte Narges Kalhor als Kern hat, von da aus aber jeden Aspekt ihrer Identität in eine universelle Dimension spannt. Migrantinsein, Künstlerinsein, Frausein. Es ist ein Film, der mit vielen dunklen Kapiteln von persönlichem wie kollektivem Trauma arbeitet, gleichwohl über viel Witz verfügt, gerade im Kontakt mit den Behörden und dem Loriot-artigen Therapeuten.

Joris
Kaltenmoor.

https://youtu.be/h5od04n2CG4?si=6nDzXS93524xI6s2

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»Tatami«

In theatres 1st of August| @Abaton


Leila’s success is a problem for the Iranian government since it means that she may go on to face an Israeli fighter in the final. The regime sees it as humiliating for Iran to potentially lose to Israel, so decides to eliminate any possibility of this happening by ordering Leila to either withdraw under a pretext, or deliberately throw a less politically fraught match, before reaching that stage in the contest. This directive initially comes in the form of a terse phone-call with coach Maryam, but as Leila ignores this pressure and progresses further in the tournament, descends to in-person threats against family members back in Iran.

Catherine Bray in Variety
»Twin Peaks« S2 E22
https://youtu.be/VVk88-_S-4s?si=zHbzcY5eEF19vguL
Trailer zu »Tatami«
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»Ein kleines Stück vom Kuchen«

In theatres 11th of July| @Scala


As well as everything else, this wonderfully sweet and funny film will contribute to the debate about whether repressive regimes are the nursery of artistic greatness. The Iranian government has prevented the film’s two directors, Maryam Moghaddam and Behtash Sanaeeha, from travelling to Berlin to attend their own premiere; six months ago, their production offices were raided and computers and hard drives confiscated. But, fortunately, the police couldn’t find the film itself, whose gentle humanity is a compelling rebuke to this fatuous, clumsy repression.

Peter Bradshaw in The Guardian
Jasmin und Felix. Kuchen anscheinend schon gegessen. Bereits abgewaschener Teller jedenfalls schon im Regal.
https://youtu.be/xuyyeSmeu6Y?si=wuHsvOUBuM3ibchv
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»Kinds of Kindness«

In theatres 4th of July| @Scala


Lanthimos’s unwavering, matter-of-fact style embodies the unquestioning nature of his characters. And while the internal logic of his controlled worlds feels ironclad, it never really is. The filmmaker’s precision is a ruse, a magic trick designed to make us think one thing while quietly building a case for its opposite: the reality that none of this makes any sense.

Bilge Ebiri in New York Magazine
Julia (links) einfach wie immer, LB (im Auto, Mitte, wie immer) und Lisa (rechts, Schleudertrauma, wie immer)
https://youtu.be/NGOL2_mI9Hw?si=R4KIYUa2_KJhoNpu
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»MaXXXine«

In theatres 4th of July| @Abaton


If nothing else, the dazzling finale feels like a hyperviolent ‘80s period piece tailor-made For the Girls. It delivers some of the series’ most extreme kills as well as its best uses of glittery costumes, bloody testicles, and feminist subversion for a whirlwind joy ride that doubles as a societal lambasting.

Alison Foreman in IndieWire
Joris bei Heimkehr aus Wien.
https://youtu.be/y0uS3t6nFgY?si=jSLqMvYMt82p3_yV
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»Hit Man«

In theatres 4th of July| @Abaton


That Glen Powell is a gem of an actor is nothing new, but twenty years into his career, and after stealing the show in a bunch of films and series, we can all finally stop praying for him to get a leading role worthy of his talents.

Hit Man finds both comedy and refuge in the elusive nature of identity and acts as a balm in our confusingly performative, deeply unsexy times.

Elena Lazic in The Playlist
Joris träumt, es öffnen sich drei Stufen der Irrealität: Er sieht aus wie Glen Powell (dabei ist er doch hotter), an seinen nackten Rücken schmiegt sich eine nicht minder Nackte (meldet euch jetzt in den DMs) und er liegt in einer Badewann (ich weine in meiner winzigen Wohnheimdusche, bitte helft mir).
https://youtu.be/9a7C7Bxsm90?si=YMAsNqzgfAz3IHVx
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Preview Juli

Eigentlich sollten wir uns im Sommerloch befinden. Aber im Anthropozän stößt man auch in den tiefsten Löchern noch auf aller bunte Artefakte unserer wilden Kultur. Also packt eure Schaufeln und schwitzt unter der sengenden Sommersonne, um das hotte Stars, hotte Genres und hotte Topics zu diggen. Was halt so vom letzten Jahrhundert und der schmelzenden Gegenwart übrigbleibt.

Die ersten paar Filme sind alle sogar besonders bunt. Alle auf ihre Art. Numer 1 ist »Hit Man – A Killer Romance«, den Lua letztes Jahr schon auf dem FilmFest Hamburg gesehen hat. Richard Linklater (»Before Sunrise«, »School of Rock«) dreht eigentlich immer einen Film für sich und einen für die Industrie. Dieser Streifen scheint so ein bisschen dazwischen zu stehen. Denn er hat sich einfach mal Spaß gegönnt, aber doch so, dass alle was davon haben. Mit seinem Kumpel Glen Powell (»Anyone But You«) entwirft er den kuriosen Charakter des Gary Johnson. Ein Profi-Killer. Zumindest tut er so. Er verkleidet sich als Auftragsmörder, um andere Kriminelle, die Köpfe organisiert rollen lassen wollen, zu überführen. Und er ist brillant in dieser Arbeit. Doch selbst der Meister der täuschenden Verkleidungen droht hinters Licht geführt zu werden, als er einen Auftrag für die verzweifelte Madison ausführen soll. Eine sexy Killerkomödie mit dem doppelbödigen Wendungsreichtum des Neo-Noirs. Daumen hoch von Kritikern, Festivalpublikum und vor allem Lua.

Ebenso immer wieder in einer neuen mörderischen Rolle steckt Mia Goth in Ti Wests »X«-Trilogie. Nach dem 70er-Slasher und der 1910er-Hommage mit der Mistgabel geht es diesmal auf den Hollywood-Strip der 80er. Maxine Minx, die einzige Überlebende aus dem ersten Blutbad, versucht dort, was alle probieren: ein großer Star zu werden. Diesmal nicht mit Pornos, sondern richtigen Filmen wie dem Horrorstreifen »The Purtian II«. Zeitgleich ist der echte Angst und Schrecken in den Straßen von Los Angeles, denn der Night Stalker fordert immer neue Opfer. Und unvermeidlich kreuzen sich die zwei Pfade – wie das bei einem X nun mal so ist. Man läuft sogar abseits von der diesmal grell blondierten Mia Goth auch Elizabeth Debicki (»Tenet«, »The Crown«), Michelle Monaghan (»Mission Impossible«), Bobby Cannavale (»The Irishman«, »Ant-Man«), Giancarlo Esposito (»Breaking Bad«) und Kevin Bacon (»X-Man: First Class«, »Mystic River«). Das ist »MaXXXine«, das Finale der A24-Horrortrilogie.

Apropos großes Ensemble: Alle wollen jetzt mit Yorgos Lanthimos arbeiten. Und er hat einfach mal alle Anfragen angenommen. In seinem neuen Episodenfilm »Kinds of Kindness« gibt es seinen üblichen Cocktail aus Tanzen, Sex, Ekel und kuriosen sozialen Interaktionen zu trinken und mitschlürfen tun: Emma Stone (»Poor Things«, »La La Land«), Jesse Plemons (»Breaking Bad«, »I’m Thinking of Ending Things«), Willem Dafoe (»The Lighthouse«, »Wild at Heart«), Margaret Qualley (»Drive-Away Dolls«, »Once Upon a Time in Holywood«), Hong Chau (»The Menu«, »The Whale«), Hunter Schafer (»Euphoria«, »The Hunger Games: The Ballad of Songbirds & Snakes«) und noch viele andere. Da trink ich doch direkt einen mit.

Bevor es zu bunt wird nun aber mal ein ganz kleiner, ganz feiner Film. Ich durfte auf der Berlinale »Ein kleines Stück vom Kuchen« sehen. Und der ganze Saal hat ihn zusammen mit mir geliebt. Erzählt wird der Alltag einer 70-Jährigen Dame aus Teheran. Sie ist einsam, denn ihre Tochter ist in Europa und ihr Mann unter der Erde. Die soziale Kälte klirrt auch im Iran. Gerade weil zu viel Annäherung schnell sanktioniert wird. Dennoch wagt unsere rüstige Protagonistin, mit einem Taxifahrer zu flirten, der ihr in einem Café auffällt. Schüchtern doch freudig verabreden sie ein Rendez-vous. Daraus entsteht eine wundervolle kleine Romcom für die fortgeschrittenen Semester, die das Genre unendlich charmant neudenkt. Und es vor allem mit unerwartet drastisch politischen Kontext unterhebt. Denn alleine, dass es so einen Film gibt, ist für iranische Verhältnisse schon ein Eklat. Weswegen die Filmemacher*innen auch nicht nach Berlin reisen durften.

Es gibt auch noch ein paar andere Titel, die ich hier nur unter ferner liefen nennen will: »Love Lies Bleeding« haben zwar schon fast alle gesehen, doch wer Kristen Stewart noch Zehen ankokeln und ablutschen sehen will, hat diesen Monat nochmal die Chance. »Verbrannte Erde« war ein weiterer Berlinale-Favorit von mir, aber kaltschnäuziges deutsches Arthouse-Genrekino ist ja gemeinhin nicht so euer Ding. Wer aber perfekt ausgeführtes Gangsterthrillerkino ohne auch nur ein Gramm Fett zu viel sehen will, der soll ran an den Speck. Und wer gar nicht genug von Glen Powell bekommen kann, für den gäbe es noch den Kathastrophen-Kracher »Twisters«. Inszeniert vom »Minari«-Regisseur. Huiuiui. Das sollte hier wohl nochmal festgehalten werden.

Nicht zu viel zwischen euren Strandausflügen und vor allem auch keine große Ablenkung vom großen Sommertreff! Dennoch: Jahreshighlights, hoffe ich.

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