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Preview

Preview Dezember

Diese pünktlich erscheinende Preview muss mit schlechten Nachrichten beginnen: Es wurden einige Starts verschoben. Unter den Opfern: Der neue Park Chan-wook-Film. Lina kennt ihn schon, wir werden ihn erst im Februar kennenlernen. Briten. Angeber. Wir müssen mit ein paar Resten vorliebnehmen. Vielleicht reicht es aber doch für einen schönen Weihnachtsschmauß.

Wichtig: Einige Formalitäten am Ende. Also bitte nicht auf dem halben Weg wieder auf TikTok swipen. Grazie mille.

Wieder zu den Resten: Ein paar Novemberfilme kommen jetzt ins Streaming. Darunter: »BARDO« und »Guillermo Del Toros Pinocchio«. Gerade letzterer wohl als Weihnachtsmärchen nicht verkehrt. Ersterer, nun ja, ein paar mexikanische Sommerfeelings gegen die Winterdepression.

Zum Frischzubereiteten: Noch immer heiß trotz langem Überkochen ist der gesamte #MeToo-Komplex. Maria Schrader (»Unorthodox«) arbeitet die ganze Sache nun noch mal in »She Said« auf. Klassisches amerikanisches Journalistenkino mit Zoe Kazan (»The Big Sick«) und Carey Mulligan (»Promising Young Woman«, »Drive«, »Inside Llewyn Davis«) auf Recherchearbeit in die dunkelsten und dreckigsten Winkel Hollywoods.

Die Boyz haben keinen Bock auf Feminismus? Dann geb ich euch alles, was ihr wollt: Adam Driver und Hitler. Na gut, den österreichischen Amateur-Kunstmaler gibt es nur indirekt. Denn Adam Driver spielt einen Spezialisten für “Hitler-Studien” in »White Noise«. Noah Baumbach (»Marriage Story«, »Frances Ha«, Autor von »Madagascar 3«) verfilmt den modernen Meisterautor Don DeLillo zusammen mit seiner Frau Greta Gerwig (»Frances Ha«), Don Cheadle (»Boogie Night«, »Avengers«) und eben Adam (»Marriage Story«, »Annette«, »Paterson«). Neben den “Hitler-Studien” geht es vor allem um Adams sechsköpfige Patchwork-Familie, die von apokalyptischen Kalamitäten und Hiobsbotschaften bombadiert wird. Eine Familie in der Krise, ein Mann mit Haarausfall und Hula-Hula-Hula-Hoops. Anfang des Monats im Kino, zum Ende auf Netflix.

Nachdem Baumbachs Film in Venedig eher gemischt wegkam, wurde der folgende in Cannes bereits von etlichen Kritikern zum Film des Jahres gekürt. Erinnerungen an eine Vater-Tochter-Beziehung rauschen hier zusammen in Charlotte Wells’ Spielfilmdebüt »Aftersun«. Hauptdarsteller Paul Mescal kennen vielleicht ein paar aus der Sally-Rooney-Adaption »Normal People«. Zwischen Homevideo und flirrendem 35mm platzen die Farben vor Freude, Wehmut, Schmerz und Sehnsucht. Schon jetzt ist der Film auf Dutzenden Toplisten und Wells gilt als große Hoffnung des britischen Gegenwartskinos. Jetzt, wo der Koreaner weg ist, wahrscheinlich das Monatshighlight.

Ganz unsicher hingegen bin ich bezüglich »Der denkwürdige Fall des Mr. Poe«. Eine Edgar-Allen-Poe-Adaption mit Christian Bale (»The Dark Knight«, »Vice«, »American Psycho«) klingt erstmal verlockend, auch der Haufen Stars im Restensemble ködert und selbst Regisseur Scott Cooper (»Black Mass«, »Hostiles«, »Crazy Heart«) ist per se nicht inkompetent. Dennoch habe ich um meinen Lieblingsautor Angst, gerade bei der klassischen Horrorpsychose »The Tell-Tale Heart« kann natürlich viel schief gehen. Vielleicht um die Gefahren der super-subjektiven Kurzgeschichte zu umlaufen, scheint der Film eine Art Meta-Ansatz zu versuchen. Hoffen wir mal, dass das nicht zu seinem Fall (wie beim Hause Usher) wird. Reingucken muss man wohl mal.

Noch ein großer Autor, aber eine viel sicherere Bank: Xavier Giannoli hat den Gesellschaftsromanklassiker von Balzac, dem einflussreichsten Dichter französischer Sprache, »Verlorene Illusionen« für die große Leinwand adaptiert. Im prunkvollen Stil des pompösen Kostümkinos wird hier die große Saga eines jungen, scheiternden Schriftstellers erzählt, der sich im Saus und Braus der dekadenten Pariser Aristokraten und der zynischen Presse verfängt. Alles hier ist nur aller erste Qualität, vielfach ausgezeichnet, bejubelt, Gold, Champagner, Sex – Intrigen. Was will ich denn mehr? Was wollt ihr bitte mehr??

Ich weiß, was ihr wollt: einen Esel. Wenn schon keine Kuh, dann doch bitte einen anderen charmanten Vierbeiner. Der alte polnische Meister hat ein sehr überraschendes Comeback im diesjährigen Cannes-Wettbewerb gefeiert. Sein Film »EO« erzählt die Odyssee eines niedlichen Esels über Stock und Stein, blickt in und durch seine traurigen Augen. Vom Geheimtipp langsam zum Jahreslistenfavoriten avanciert könnte »EO« noch einmal ein ganz besonders schöner Abschluss für 2022 werden.

Disney+ füllt dann noch das Genre-Loch auf, was sonst im Monat klaffen würde: »Barbarian« erzählt einen Horrorthriller, der sich hinter einem obskuren Airbnb offenbart, das scheinbar versehentlich doppelt gebucht wurde. Einer der beiden Bucher ist Bill Skarsgård alias Pennywise aus »Es«. Kam extrem kontrovers weg, insgesamt aber durchaus ein Kritikerliebling.

Das wärs, kriet man vielleicht nochmal gut unter Dach und Fach für die Jahresliste. Apropos…

Natürlich werden auch dieses Jahr wieder die Luxusburger vergeben. Die Nominierungsphase beginnt am 27.12. um 8:00 und endet schon relativ rasch am 29.12. um 23:59. Die Votingphase für die Auszeichnungen geht danach dann vom 30.12. 10:00 bis zum 31.12. 14:00. Das Votingtool wird diesmal nicht wieder mit der riesigen Kreuzchentabelle ausfallen, sowohl wegen der zunehmenden Sichtungsfragmentierung als auch den Anzeigefehlern der letzten Jahre. Überlegt euch daher bitte schon mal bis dahin effektiv, welche Filme ihr gerne dieses Jahr auszeichnen würdet. Die Kategorien sind die gleichen wie jedes Jahr, also Beste Darstellerin, Bester Darsteller, Bestes Drehbuch, Beste Kamera, Beste Musik und Bestes Ensemble. Nominiert werden dürfen alle Filme, die in der JFK-Letterboxd-Jahresliste sind, also als offizielles Event gezählt worden sind.

Und für die, die es bis hierhin geschafft haben, gewissermaßen eine Sache genau bezüglich diesem Punkt: Wollt ihr für 2023 weiterhin die ausführlichen Monatspreviews mit Texten und Eventseiten oder lieber einfach eine Trailerplaylist, zu der man dann in der Hauptgruppe das Interesse kommuniziert? Ich schreibe diese Previews sehr gerne, aber weiß gar nicht, ob diese Textwände a) gelesen werden und b) nicht eher als übermäßig, umständlich und überflüssig angesehen werden. Denn ich investiere diese vielen Zeitstunden sehr gerne, aber es soll natürlich primär für euch nützlich und interessant sein. Stimmt gerne hier ab. Jede Nicht-Stimme wird primär erstmal als “brauch nich” gewertet.

Ho-ho-hochachtungsvoll und eine schneereiche Adventszeit

Ihr JFK-President

By JFK-President (Official)

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