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Preview Oktober

Es ist spät am Tag, aber noch früh im Monat. Warum die Preview jetzt schon? Ganz simpel: Ich bin ab Ende der Woche bis Ende des Monats unterwegs. Danach bin ich aber auch schon direkt weg. Mittlerweile dürften ja alle darüber informiert sein, dass ich nicht mehr bloß im steinwurfweitentfernten Marburg bin, sondern ab Oktober in Wien sitze. Heißt, ich habe auch andere Kinostarts, zumindest leicht andere. Ähnlich wie einst Lina diene ich dann vorerst erstmal als Botschafter in Ausland. Nichtsdestotrotz geb ich euch den Ausblick wie gewohnt weiterhin hier, damit ihr die Heimatfront dennoch weiterhin verteidigen könnt (tut ihr doch, oder? *hoffnungsvolle Rührung in den Augen*).

Theoretisch stünde natürlich das Filmfest Hamburg als Gelegenheit zum Zusammenrücken optimal bereit, aber ich schätze mal, dort wird der einsam-wackere Hanseat Lua von korrespondieren. Dafür haben wir ein ganz großes Highlight diesen Monat. Leider ist es nicht wie lange gedacht Lanthimos’ »Poor Things«, der gerade in Venedig abgeräumt hat, nachdem Disney den Start auf Februar verschoben hat (???). Statt dem Griechen gibt es einen kleinen Italiener, der Cowboy und Indianer spielt. Aber vorher haben wir noch anderes.

Da wäre nämlich »Blue Jean«, ein kleiner Film aus Großbritannien. Dort geht es um eine Sportlehrerin namens Jean, die in der stark konservativen Gemeinde mit der Entdeckung ihrer lesbischen Seite zu kämpfen hat, zumal der Ton in der Thatcher-Ära 1988 ziemlich rau ist. Auf allen möglichen Festivals gefeiert, das Scala zeigt ihn am 29.9. in der Queerfilmnacht, danach kommt er aber vielleicht nochmal in die Hamburger Kinos.

Ebenfalls ein Festivalliebling war »Plan 75«, diesmal aus Japan. Mit ein bisschen Science Fiction wird dort eine Zukunft entworfen, wo alte Menschen ab einem gewissen Alter als unnötige gesellschaftliche Belastung eingestuft werden. Leider ziemlich real im überaltertsten Land der Welt. Den betreffenden Senioren wird die Beendigung des eigenen Lebens, damit sie keine Luft mehr wegatmen, staatlich subventioniert. Michi ist nun eine der Kandidatinnen, die dem titelgebenden Plan 75 unterzogen werden soll.

Genug auf die Folter gespannt: Der eindeutige Film des Monats, wenn nicht gar des Jahres, ist »Killers of the Flower Moon«. Martin Scorsese (»The Irishman«, »Taxi Driver«, »The Wolf of Wall Street«) hat von Apple 200 Millionen Dollar in die Hand bekommen und eine große blutige Ode an sein schon so oft durchleuchtetes Amerika entworfen. Nur diesmal nicht für die Männer, die es bauten, sondern für das Volk, dem es ursprünglich gehörte. Auf dem Land des Osage Stammes in Oklahoma wird in den 1920ern Öl entdeckt. Nicht lange dauert es, bis außer schwarzem Gold auch die ersten Leichen auftauchen, weswegen das FBI geholt wird. Nur eskaliert die Situation nur umso mehr. Leonardo DiCaprio (»Once Upon a Time… in Hollywood«, »Titanic«, »Don’t Look Up«) steht hier mit Cowboyhut im Zentrum des Feuers an der Seite der fabelhaften Lily Gladstone (»First Cow«, »Certain Women«), im Hintergrund hasteb noch Robert De Niro (»Heat«, »Der Pate II«), Jesse Plemons (»I’m Thinking of Ending Things«, »Judas and the Black Messiah«) und Brendan Fraser (»The Whale«, »The Mummy«) umher. Nicht nur ein Oscarfavorit, sondern auch einer für die Goldenen Schnecken und hoffentlich auch für die Goldenen Luxusburger.

Baumannconsulting hat natürlich saubere Hände und hat nie in Öl investiert. Dafür hat das Unternehmen eine lange Geschichte mit Gamestop-Aktien. Reddit, Aufstieg, Börse, Fall. All dem nimmt sich nun »Dumb Money« an. Unter der Regie von Craig Gillespie (»I, Tonya«) versammelt sich zur Finanzmarkt-Clownfiesta ein illustres Ensemble: Paul Dano (»The Fabelmans«, »The Batman«), Pete Davidson (»The King of Staten Island«), America Ferrera (»Barbie«), Nick Offerman (»The Last of Us«), Sebastian Stan (»Avengers«), Shailene Woodley (»Big Little Lies«) und und und. Ich ahne, welcher CEO da so schnell Tickets kaufen wird, wie er damals Stocks geshortet hat.

Geld regiert praktisch die Welt, aber es gibt ja noch die Theorie. In Venedig »Die Theorie von Allem« als großer Geheimtipp. Was mit einem Physikerkongress in den Schweizeralpen der 60er beginnt, gerät über das Verschwinden eines iranischen Wissenschaftlers, der Quantenmechanik einfach mal eben gelöst hat, rüber in Morde, weiteres Verschwinden, merkwürdige Wolkenformationen und Biegungen interdimensionaler Gesetzmäßigkeiten. Im Angesicht der gewaltigen Schwarzweißbilder und des mysteriösen Wirrungen werden Welles, Lynch und allen voran Hitchcock immer wieder als Referenzpunkt beschworen. Noir-Mystery-Thriller-Sci-Fi auf Deutsch? Nicht nur was für die Physikbrains. Empfohlen von Mann mit Brille!

Wo nebulös ist, ob er tatsächlich vom Lideo rauf auf eine Leinwand in der Nähe kommt, ist leider bei David Finchers neuen Film »The Killer«. Genau wie bei seinem Leidenschaftsprojekt »Mank« arbeitete der Regiemeister von »Sieben«, »Fight Club« und »Zodiac« wieder mit Netflix zusammen, um diemal eine Comicverfilmung rund um einen Profikiller zu schaffen. Michael Fassbender (»X-Men«, »Inglorious Basterds«, »12 Years a Slave«) gibt hier den aalglatten Namenlosen, der in einen Vernichtungskrieg gegen seine Auftragsgeber gerät, vor allem aber von existentiellen Selbstzweifeln gelöchert wird. Immerhin macht er gerne Yoga. Die Netflix-Beteiligung macht unsicher, ob er wirklich wie angekündigt ins Kino kommt beziehungsweise wo genau, aber selbst wenn wir Pech haben, kommt er im Monat darauf in den Stream. Aufgenommen habe ich ihn dennoch pro forma hier schon einmal.

Ebenfalls unsicher bei der Kinoauswertung von Netflix steht es bei »Fair Play«, jedoch kommt er entwder Anfang Oktober ins Kino oder Ende Oktober auf den Streamingdienst. Alden Ehrenreich (»Hail Caesar!«, »Oppenheimer«) und Phoebe Dynevor (»Bridgerton«) stehen sich hier als Paar gegenüber, deren Beziehung durch den Aufstieg an der Karriereleiter heftig ins Schwanken gerät. In Sundance wurden das aufreibende Drehbuch und das intensive Schauspiel gefeiert, die das grimmige Beziehungsdrama immer mehr in den Thriller treiben.

Ganz sicher im Stream und auch sonst nicht so nervenraubend wird es bei »The Burial«. Der Crowdpleaser von Toronto kommt Mitte des Monats auf Amazon Prime und zeigt Jamie Foxx (»Django: Unchained«, »Baby Driver«) und Tommy Lee Jones (»No County for Old Men«, »Men in Black«) vor Gericht, um ein familiäres Bestattungsunternehmen zu retten. Eine gemütliche Justizkomödie, konventionell, aber sympathisch, mit wichtigen Diskussionen um Rassendynamik, doch nicht zu schwer auf den Magen schlagend. Wohl kein »12 Angry Men«. Aber immerhin zwei.

Ich hoffe, damit könnt ihr euch ein wenig beschäftigen, bis ich das nächste Mal die Alpengrenze wieder überquere. Seid nett zu Lua, bedankt euch bei Jasmin und motiviert LB, dann läuft der Laden auch. Selbst Lina ist ja wieder im Land, Deutschlandticket regelt.

Wiederschaun

Euer JFK-President

By JFK-President (Official)

Best Cinemamaster between Kopenhagen and Kleinwümmede

One reply on “Preview Oktober”

Danksagungen erhalte ich gerne per Post mit offiziellem Siegel 📨 (wofür weiß ich nicht genau, denkt euch was aus)

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