This event was held on the 11th of June 2021 | »Shiva Baby« scored 7,75 Genusspunkte | @ JFK-Plaza 1
Bereits bei seiner Premiere auf dem Toronto-Festival konnte sich die jüdisch-queere Komödie als Kritiker- wie Publikumsliebling etablieren. Im Zentrum steht eine junge Studentin, die bei einer Shiva, einer jüdischen Trauerfeier, den unerträglichen Wirren von Familie, Ex-Partnerinnen und Sugar-Daddies ausgesetzt ist. Kleine, kurze, turbulente Komödie mit exzellentem Ensemble und viel trocken-sarkastischem Chaos, gewürzt mit viel sexuellem Pfeffer und ordentlich typisch jüdischem Humor.
This event was held on the 9th of April 2021 | »Songs My Brothers Taught Me« scored 6,785 Genusspunkte | @JFK-Plaza 1
Chloé Zhao ist vermutlich eine der spannendsten neuen Stimmen im akmerikanischen Indie-Kino. Zauberhafte Bilder des Mittleren Westens, getränkt von der Hoffnungslosigkeit der sozialen Not, gleichwohl aber auch erfüllt von dem unbrechbaren humanistischen Glanz dieser viel zu oft übersehen Menschen. Eine poetische wie authentisch klare Filmemacherin, die gerade in der Kargheit die leuchtendste Magie für ihre Leinwand findet.
Auch dieses Jahr informiert Sie Baumannconsulting umfassend über die wichtigsten Filmfestivals mit allen Glamour und Skandalen. Den Anfang dieser Round-Up-Reports macht die Berlinale, welche Anfang März dieses Jahres ihr Programm zumindest für Industrie und Presse zugänglich gemacht hat.
Großes Highlight des diesjährigen Wettbewerbs dürfte wohl “Bad Luck Banging or Loony Porn” vom Rumänen Radu Jude (Gewinner der Goldenen Schnecke 2019) sein. Nicht nur soll die Satire auf das rumänische System während der Coronapandemie laut Trailer besser als der neue Bond sein (Fakt.), sondern konnte auch den Goldenen Bären, den Hauptpreis des Festivals gewinnen. Sehr schrill, exzentrisch, wütend und gegen jedes Tabu. Laut dem Regisseur war das erotische Nachtpogramm von RTL stilprägend für den Film. Das nun also heiß erwartete Meisterwerk hält es also wie Baumannconsulting: Sex sells.
Mindestens genauso heiß erwartet dürfte wohl “Petite Maman” sein, der neue Film von Céline Sciamma (“Porträt einer jungen Frau in Flammen”) sein. Zwar nicht pärmiert aber doch von allen Kritikern durchweg gefeiert erzählt das kleine Mutter-Tochter-Drama über Verlust, Freundschaft und Abenteuer im Wald. Eine einfache, bezaubernde Coming-of-Age Geschichte, deren Stille und Schlichtheit gerade ihre Magie evoziert.
Ebenfalls nicht ausgezeichnet wurde ein Favorit aus Deutschland. Dominik Graf trat dieses Jahr mit seiner Erich Kästner Verfilmung “Fabian oder Der Gang vor die Hunde” an. Erzählt wird die Geschichte eines Werbetexters im Berlin der 1920er, gespielt von Tom Schilling. Durch den epischen dreistündigen Maßstab der Literaturverfilmung lässt sich hier wohl ein ähnlich ambitioniertes Projekt wie bei “Berlin Alexanderplatz” erwarten, da nicht zuletzt auch Albrecht Schuch, damals der furiose Reinhold, wieder dabei ist.
Ebenfalls aus Deutschland stammen zwei weitere Werke, die im Wettbewerb Renomée und sogar Auszeichnungen sammeln konnten. Zum einen die dokumentarische Studie “Herr Bachmann und seine Klasse” über eine Grundschulklasse und ihren Lehrer in der deutschen Provinz (ausgezeichnet dem Preis der Jury, quasi der Bronzemedaille), zum anderen “Ich bin dein Mensch” von “Unorthodox”-Regisseurin Maria Schneider. Letzterer ist eine deutsche Sci-Fi-Komödie über eine Frau, die im Rahmen einer Studie mit einem Androiden eine Beziehung anfängt. Mit dabei Maren Eggert, die als Beste Darstellerin ausgezeichnet wurde, und Sandra Hüller (“Toni Erdmann”).
Auch deutsche Beiträge sind “Nebenan” und “Blutsauger”. Ersterer ist das Regiedebüt von Schauspieler Daniel Brühl (“Inglorious Basterds”, “Good Bye Lenin!”), soll ganz nett sein, aber wahrscheinlich kein großes Tennis. Eine kleine selbstreflexive Komödie über einen erfolgreichen Schauspieler in der Krise. Der andere Film ist schon deutlich interessanter. “Blutsauger” ist eine marxistische Vampirkomödie, welche eine Nutzerin auf Letterboxd folgendermaßen beschreibt: If Buñuel ran a podcast about Twilight and Rosa Luxemburg. Was will man denn mehr?
Ansonsten fanden sich im Wettbewerb noch zwei interessante Ostasiaten. Der Japaner Ryusuke Hamaguchi erhielt für seinen neuen Film “Wheel of Fortune and Fantasy” den Großen Preis der Jury, gewissermaßen die Silbermedaille. Aus Südkorea kommt “Introduction”, welcher mit dem Preis für das Beste Drehbuch ausgezeichnet wurde. Beides wohl ruhigere, intelligent-pointierte Liebesdramen mit mehr Dialogen als Action, zur nachdenklichen Entspannung aber zu Abwechslung auch ganz schön. Mein persönlicher Liebling Hong Sang-soo, der koreanische Regisseur, bedankte sich mit diesem niedlichen Schneckchenvideo:
Weitere heiße Kandidaten kommen aus dem näheren Osten. Da ist natürlich der obligatorische Beitrag aus dem Iran, namens “Ballad of a White Cow”. Erneut ein kleines, bitteres Moraldrama à la “Man of Integrity” oder “Yalda” über die Kalamitäten den iranischen Systems, diesmal mit der Todesstrafe im Zentrum.
Ähnliches kommt mit “Memory Box” aus dem Libanon, wenn auch etwas sanfter und kecker. Eine leichtfüßige Reflexion über Trauma und Erinnerungen mit politische Subtext. Noch interessanter wird es etwas nördlicher mit Blick auf “Was sehen wir, wenn wir zum Himmel schauen?”. Die georgische Liebesgeschichte wird in höchsten Tönen gefeiert und umspielt in seinen poetischen Bildern die Herzen jedes Cinéphilen.
Zwei Auszeichnungen gingen noch nach Ungarn. Den Silbernen Bären für die Beste Nebenrolle erhielt “Forest – I See You Everywhere”, ein Episodenfilm über den Budapester Alltag. Beste Regie ging an “Natural Light”, einen Kriegsfilm über eine Partisanengruppe in der Sowjetunion des Zweiten Weltkriegs. Die Presse äußerte sich jedoch eher zurückhaltend.
Ein letzter Preis ging noch gen Mexiko an “A Cop Movie”, eine Netflixproduktion, die für herausragende künstlerische Leistung ausgezeichnet wurde. Eine experimentelle Dokumentation über Polizeialltag in Mexiko, bei denen zwei professionelle Schauspieler in Uniformen schlüpfen, um das System zu durchleuchten.
Ansonsten gibt es noch defitges Genregulasch aus den Nebenreihen. Mit “Limbo” gibt es düsteren Neo-Noir aus Hongkong im “Sieben”-Style, einen bildgewaltigen Sci-Fi-Thriller aus Deutschland in Form von “Tides” und drei hochinteressante Horrorstreifen namens “The Beta Test”, “The Scary of Sixty-First” und “Censor”. Wobei es wahrscheinlich besser ist, sich weniger über Handlungsdetails zu informieren.
Aus den Nebenreihen gibt es ansonsten noch abschließend ein paar weitere Titel, die man im Blick behalten sollte. Da ist zum einen “Ted K”, der das Psychogramm des Unabombers auf die Leinwand bringt. Ebenfalls hoch gelobt wurde das türkische Sozialdrama mit “Brother’s Keeper” mit herausragenden Kinderdarstellern. Genauso die Dokumentation “Nous” über die gesellschaftlichen Ränder der französischen Gesellschaft, ausgezeichnet als Bester Film der Encounters Sektion. Dort erhielten auch zwei Film Regiepreise. Zum einen der kanadische Kostümfilm “Hygiène sociale” vom berüchtigten Exzentriker Denis Côté und zum anderen “Das Mädchen und die Spinne” aus Deutschland, ein kleiner, feiner Streifen über die Wirren des Umziehens.
Ein paar Filme haben sogar auch schon ein Startdatum:
Ich bin dein Mensch: ab 17. Juni 2021 im Kino
Das Mädchen und die Spinne: ab 24. Juni 2021 im Kino
Fabian oder der Gang vor die Hunde: ab 1. Juli 2021 im Kino
Herr Bachmann und seine Klasse: ab 16. September 2021 im Kino
Das war es soweit aus der Hauptstadt. Insgesamt eine überaus zufriedenstellende Berlinale mit starken Filmen und zufriedenstellendem Gewinner. Am meisten freut sich meine Wenigkeit auf “Bad Luck Banging”, “Petite Maman” und “Was sehen wir, wenn wir zum Himmel schauen?”. Villeicht bekommen wir sie schon dieses Jahr noch zu sehen. Erster und Letzterer haben sogar schon einen Verleih. Äußern auch Sie gerne Ihre Favoriten oder Fragen in den Kommentaren. Bis dann zum Juli, wenn wir uns zum Cannes Filmfestival wiedersehen, vermutlich mit Wes Anderson!
This event was held on the 23rd of July 2021 | »Der Rausch« scored 7,76 Genusspunkte | @ Scala
Thomas Vinterberg ist zurück. Nach »Die Jagd« hat der ehemalige Dogma95 Regisseur auch wieder Mads Mikkelsen (»Hannibal«) im Schlepptau, dessen darstellerische Leistung in diesem neuen Werk bereits vielfach gerühmt und prämiert wurde. Insgeamt darf sich »Der Rausch« bereits einer Vielzahl von Auszeichnungen erfreuen und ist geradewegs auf Oscarkurs. Und das, obowohl die dänische Satire mit der Prämisse einer Gruppe daueralkoholisierter Lehrer alles andere als der gewohnte Drink ist. Lustig trunken und doch mit einer bitterbösen Note auf der Zunge, den schmerzahft-tragischen Kater schon erwartend, tanzt sich der Film berauscht auf die Liste der heißerwartetsten Titel des Jahres.
This event was held on the 26th of February 2021 | »I Care a Lot« scored 6,8 Genusspunkte | @ JFK-Plaza 1
Pike’s black-hearted Marla drains the bank accounts of well-off elderly patients, until she picks the wrong prey […]
Pike offers a window display of pure predatory wickedness, lighting up the screen with her sociopath haircut, shades and fashion-plate outfits, like Nurse Ratched’s aspirational granddaughter. She is also vaping – always the sign of a screen villain. […] [It] is grisly and gleefully cynical entertainment.
23rd of February 2021 | »The Twentieth Century« scored 7,66 | @ JFK-Plaza 1
Matthew Rankin’s phantasmagorical biopic reimagines Canadian prime minister Mackenzie King’s formative years as a wacky Freudian nightmare. […]
While there’s a certain “muchness” to Rankin’s style, and it goes without saying this won’t be everyone’s cup of tea, the filmmaker’s refusal to temper his vision serves him well in the long run, as his feature debut eventually achieves an operatic wackiness that carries it over the finish line. […]
With »The Twentieth Century«, [Canada] has yet another source of pride.
This event was held on the 19th of February 2021 | »Neues aus der Welt« scored 6,76 Genusspunkte | @ JFK-Plaza 1
Tom Hanks and German discovery Helena Zengel star in this Western odyssey from Paul Greengrass about two broken people finding unity, set in Texas five years after the Civil War. […]
Essentially a two-hander though enlivened by incisive secondary character turns along the way, it’s a drama made with tremendous feeling, an unhurried, contemplative tale peppered with nail-biting set-pieces.
This event was held on the 15th of January 2021 | »One Night in Miami« scored 6,45 Genusspunkte |@ JFK-Plaza 1
Die Schauspielerin Regina King (die 2019 einen Oscar 2019 als beste Nebendarstellerin in »If Beale Street Could Talk« bekam) fabuliert in ihrem Regiedebüt »One Night in Miami« (Amazon) die Nacht vom 25. Februar 1964, als Cassius Clay mit 22 Jahren den Boxweltmeistertitel im Schwergewicht gegen Sonny Liston gewinnt und den Sieg in der Suite seines Kumpels Malcolm X feiert. Zu ihnen gesellen sich Footballstar Jim Brown und Soullegende Sam Cooke. Das Treffen hat tatsächlich stattgefunden, nur Details sind kaum bekannt. Für den Theaterautor Kemp Powers war es Basis für ein spekulatives Stück, das 2013 Premiere feierte und nun von King adaptiert wurde. Sie erweitert das brillant inszenierte Kammerspiel um zahlreiche Szenen außerhalb des Motelzimmers und reflektiert so auch Rassismuserfahrungen der vier afroamerikanischen Männer. Zugleich gibt sie ihnen viel Raum, ihre psychologisch vielschichtigen Motive auszubreiten, und schafft erstaunlich intime und glaubwürdige Eindrücke der Persönlichkeiten hinter den legendär gewordenen Namen, so fiktiv die Dialoge im Einzelnen auch sein mögen.
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