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Preview Dezember

Werte Kunden und Aktionäre,

das Weihnachtsgeschäft rollt uns entgegen. Während wir uns alle selbstverständlich schon seit August mit Lebkuchen und Spekulatius eingedeckt haben, rücken jetzt auch noch ein paar dicke Filmgeschenke unter den Baum. In Amerika werden natürlich schon alle Oscarkandidaten reingequetscht, die bei uns großteilig erst im Frühling des Folgejahres kommen, jedoch dürfen wir uns hierzulande auch schon ein paar krallen. Dazu auch noch ein paar Festivalnachzügler, die den Nachtbus aus Cannes genommen haben. Bevor wir uns nun ans Auspacken machen, noch etwas Organisatorisches:

(1) Wir werden, wie ihr sehen werdet, wieder mit Gruppenlinks arbeiten. Mit dem persönlichen Anmelden gab es schlicht zu viel Chaos, wobei es diese Option natürlich noch immer geben wird für alle, die mit den Links aus irgendwelchen Gründen nicht klarkommen sollten.

(2) Diese Preview kommt diesmal etwas früher, weil gleich zu Monatsbeginn schon Spezialveranstaltungen ins Haus stehen, weshalb eine zeitige Interaktion verlangt ist.

(3) Natürlich stehen auch dieses Jahr wieder die Goldenen Luxusburger an sowie auch die Goldenen Schnecken. Beide Preise werden erstmals nicht im eigentlichen Jahr vergeben, sondern in der ersten Januarwoche danach. Der Grund liegt darin, dass am 31. Dezember nochmal zwei Filme starten, die die Auswertung nochmal radikal umwerfen könnten. Daher beginnt für die Luxusburger die Nominierungsphase am 1. Januar und läuft bis zum einschließlich 3. Januar, die Hauptwahlphase wird dann vom 4. Januar bis zum einschließlich 6. Januar laufen. Die Gewinner werden dann am 7. Januar verkündet. Bei den Schnecken werden die Nominierungen am 1. Januar verkündet, die Gewinner werden im Anschluss zu den Luxusburgern verkündet im fertigen Jahresdossier. Baumannconsulting freut sich auf ihre Teilnahme!

Nun, kommen wir endlich zur Bescherung. Und das erste Präsent wurde unglücklicherweise schon von einer unserer Praktikantinnen verraten (unsere Rechtsabteilung hat uns angeraten, nicht über den Stand des Kündigungsverfahren zu reden). Nichtsdestotrotz:

Nachdem wir gerade erst in »The Last Duel« die gewaltigen Festungsanlagen des Mittelalters bestaunen durften, legt Ridley Scott gleich noch einen nach: Es ist endlich Zeit für »House of Gucci«. Darin wird die skandalträchtige und intrigenreiche Geschichte des legendären Modeclans (bekannt aus dem Lil Pump Track) erzählt. Im Kern Lady Gaga und ihr mörderischer Fake-Akzent, der mindestens nach OmU schreit. Das könnte entweder die lächerlichste Pomp-Party aller Zeiten werden oder wirklich großes Blockbusterspektakel. Der Cast lässt auf Letzteres hoffen: Jeremy Irons, Jared Leto, Salma Hayek, Al Pacino und, erneut bei Scott, Adam Driver. An Aufwand in Kostüm, Maske, Frisuren, Kamera und allem Drum und Dran dürfte es zudem auch nicht Mangeln. Das darf man sich schon mal gönnen, alleine um herauszufinden, was breiter ist: der Gaga-Spaghetti-Saucen-Akzent oder Drivers Brillengläser.

Wo wir aber schon beim besten Darsteller der Gegenwart und Goldenen Schnecken Gewinner 2018 sind: Wir haben auch noch einen ernsten Film in Angebot. Und es ist der erste von drei (DREI!) Film-des-Jahres-Kandidaten diesen Monat. Das französische Avantgarde-Genie Leos Carax ist nach 9 Jahren zurück und konnte sein Musicalprojekt endlich aus der Produktionshölle holen. Endlich kommt »Annette« in die deutschen Kinos. Im von der britischen Kultband entworfenen und musikalisch untermalten Sparks Musical geht es um einen kontroversen Comedian und eine Opernsängerin, ihre problematische Beziehung und ihr außergewöhnliches (das ist nicht nur so dahingesagt) Kind, das auch den Titel stellt. In Cannes konnte der Film schon für viel Aufsehen sorgen, hat Kritiker wie Publikum in alle Himmelsrichtungen gespalten. Man war sich jedoch einig: Einzigartiges Kino, wie man es selten sieht, ja noch nie gesehen hat. Caraxs Vision sei Visionär, der Film noch in 20 Jahren wie neu, Adam Driver absolut wahnsinnig. Außerdem darf Letzterer erstmalig in der Filmgeschichte eine Gesangsnummer während einer Oralsexszene. Da hat man ja wohl schon eine historische Verpflichtung, das auf der großen Leinwand zu sehen.

Apropos Kontroverse in Cannes: Paul Verhoeven (»Elle«, »Total Recall«, »Robocop«, »Starship Troopers«) haben wir ja auch noch auf der Uhr. Diesmal geht er aber nicht in die Zukunft, sondern in die Vergangenheit. Nämlich in ein Konvent der italienischen Renaissance, wo der wahre Fall der lesbischen Nonne Benedetta Carlini erkundet wird. Den damaligen Skandal möbelt der Hollywood-Holländer in »Benedetta« natürlich mit ordentlich Skandallust, Sex, Sex und Skandal auf. Hälfte der Kritiker war entnervt, die andere zeigt sich Feuer und Flamme für sein packendes Drama über Voyeurismus, Machtsysteme, Perversion und Rebellion. Ein bisschen neugierig bin ich da ja schon.

Bleiben wir doch gleich in Bella Italia, diesmal aber richtig. Paolo Sorrentino (»Il Divo«, »Die große Schönheit«), der König der düster schillernden Satire, wendet sich diesmal ab von dem leuchtenden Cosmopolitenbetrieb hin zu sich selbst. In seinem autobiographischen »Die Hand Gottes« erzählt er die Geschichte seiner neapolitanischen Jugend während der 80er. Dabei lässt er in seinem gewohnt formvollendeten Style ein Kaleidoskop aus Erinnerung, Nostalgie, Komik, Tragik und ein wenig Maradona auf das Publikum einprasseln. Ob wir ihn auf der Leinwand sehen, ist wohl leider unwahrscheinlich, denn Netflix liefert ihn schon kurz danach ins Wohnzimmer.

Ähnlich dürften die Chancen leider auch bei dem neuen Film eines anderen stylischen Satirikers stehen: Mit »Don’t Look Up« kehrt Adam McKay (»Vice«, »The Big Short«, »Anchorman«) zurück und wartet mit einem Cast auf, bei dem man den Mund gar nicht mehr zu bekommt. Leonardo DiCaprio, Jennifer Lawrence, Meryl Streep, Jonah Hill, Tyler Perry, Cate Blanchett, Ariana Grande und viele viele mehr. Nicht zu vergessen die nach »Dune« und »The French Dispatch« unverzichtbare Starensemble Packungsbeilage Timothée Chalamet. Sie alle stellen sich einem richtig fetten Stein, der vernichtend auf die Erde zu rast. Das Weiße Haus beuftragt deshalb, damit nicht alle in Panik geraten, zwei Astronomen mit der PR. Moderne Probleme verlangen schließlich moderne Lösungen. Ich könnte mich gar nicht mehr drauf freuen.

Das ist jetzt alles super groß, super teuer und super spektakulär, aber wir haben den JFK ja auch dafür, um auch auf die kleinen Perlen aufmerksam zu machen. Eine davon ist das serbische Drama »Vater«, das glücklicherweise Anfang des Monats ins Scala kommt. Darin werden dem arbeitslosen Tagelöhner Nikola seine Kinder weggenommen. Da er sich nicht anders gegen die Behörden zu helfen weiß, beschließt er persönlich bei Minister vorzusprechen, weswegen er zu Fuß nach Belgrad marschiert. Entfernung: 300 Meilen. Eine ruhige, sehr genaue Studie der osteuropäischen Gesellschaft, sozialer Spaltung und Kälte, kafkaesker Behörden und unerbittlicher Menschlichkeit. Ich durfte den Film bereits sehen und kann ihn nur nachdrücklich empfehlen. Möglicherweise gerade was für die Freunde der vergleichbaren iranischen Moraldramen.

Auch ins Scala kommt, ich kann es kaum fassen, ein ostasiatischer Film. Und zwar kein geringer, nämlich diesjährige Drehbuchgewinner von Cannes »Drive My Car«. Nach einer Kurzgeschichte von Haruki Murakami (»Burning«) erzählt hier der japanische Newcomer Ryûsuke Hamaguchi einen ziemlich langen Film. Langsam taucht er in den Mysterynebel einer Beziehungsanatomie ab, wo es vielleicht lohnend ist möglichst uninformiert reinzugehen. Durchweg gepriesen als enigmatisches Meisterwerk könnte dies als zweiter Film-des-Jahres-Kandidat auf der Zielgeraden nochmal richtig überraschen.

Punktgenau auf der Zielgeraden liegt »Spencer«. Baumannconsulting und der JFK laden Sie alle hiermit herzlich zur Kino-Sylvesterparty im Scala ein, um zum Jahresende nochmal ein fulminantes Schlusstor zu schießen. Das chilenische Regiegenie Pablo Larraín (»Ema«) kehrt nach »Jackie« mit einem zweiten Porträt einer geschichtsträchtigen Frau zurück, diesmal Lady Diana. Verkörpert wird die Prinzessin der Herzen von Platinum-Schnecken-Preisträgerin Kristen Stewart, die in allen Oscartippspielen ganz vorne an der Spitze steht. Mit im Cast sind auch noch Timothy Spall (»Harry Potter«, »The Party«) oder auch Sally Hawkins (»Shape of Water«, »Happy-Go-Lucky«), aber die besten Namen warten hinter der Kamera. Komponist ist Goldene-Schnecken-Gewinner und Radiohead-Legende Johnny Greenwood (»Der seidene Faden«, »The Master«), an der Kamera sitzt Claire Mathon (»Porträt einer jungen Frau in Flammen«) und die Kostüme sind von der zweifachen Oscargewinnerin Jacqueline Durran (»Little Women«, »1917«). Kritiken und Publikumsreaktionen versuchen sich im Überschlagen vor Begeisterung gegenseitig zu überbieteb. Film des Jahres? Würde mich nicht wundern. Ich bin jedenfalls heiß wie ein brennender Franzose.

Leider wohl nicht ins Kino kommt der am selben Tag erscheinende »The Lost Daughter – Frau im Dunkeln«, dafür frei zum Streamen auf Netflix. Maggie Gyllenhaals Regiedebüt wurde in Venedig prompt für das Beste Drehbuch prämiert und konnte auch sonst allerlei Lorbeeren ernten. Gerade Olivia Colman (»The Favourite«, »The Father«), die hier durch die Begegnung mit einer jungen Mutter (gespielt von Dakota Johson) aus ihrem Urlaub plötzlich wieder in ihre eigene dunkle Vergangenheit gestürzt wird. Großes Schauspielkino im Rahmen des raffinierten kleinen Psychodramas. Außerdem dabei sind noch Jessie Buckley (»I’m Thinking of Ending Things«) und Ed Harris (»The Truman Show«, »Westworld«).

Der Tisch ist also reich gedeckt. Nun ran an den Speck und auspacken. Hoffen wir, dass sich keine bösen Überraschung unter dem Papier befinden. Aber egal was für ein Risiko wartet, we are always by your side. Auch Nachts.

Ho-ho-hochachtungsvoll

Ihr JFK-Weihnachtspräsident

By JFK-President (Official)

Best Cinemamaster between Kopenhagen and Kleinwümmede

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