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Preview November

Der November naht, der Monat der Monate. Während die Gläubigen nun zu ihrem Heiland pilgern, erstarrt das Kino aber nicht in Ehrfurcht. Im Gegenteil: dem Messias zu Ehren laufen die Säle fast über an Starts. Die Relevanz der Titel divergiert jedoch stark. Umso wichtiger, einen Überblick zu schaffen. Als Kurator des JFKs bin ich Ihnen natürlich zu Diensten und führe sie mit der Laterne dieser Review durch das verschneite Labyrinth der Novermberstarts.

Fangen wir mit einer leisen Note an. »Ammonite« ist eine kleine Romanze zwischen zwei Frauen an der englischen Küste Mitte des 19. Jahrhunderts. Die junge Charlotte ist einer tiefen Melancholie verhangen, weswegen ihr Ehemann sie zur Erfrischung bei der Paläontologin Mary Anning in Obhut gibt. Anfangs ist es zwischen den beiden noch kühl, doch bald finden sie abseits des rauen Lebens nahe der rauschenden Wellen zueinander, entdecken unerwartete Wärme. Unter der Regie von Francis Lee (»God’s Own Country«) brillieren Kate Winselt (»Eternal Sunshine of a Spotless Mind«, »Der Vorleser«, »Gott des Gemetzels«) und Saoirse Ronan (»Lady Bird«, »Little Women«). Immer wieder wird der Film als britische Antwort auf »Porträt einer Frau in Flammen« beschrieben. Nur eben mit Wasser statt Feuer. Ergo wohl keine brennenden Franzosen… 🙁 Statt hot wirde also eher feucht 🙂

Trailer zu »Ammonite«

Ebenfalls zwei Frauen stehen im Zentrum von Edgar Wrights neuem Giallo »Last Night In Soho«. Dort ist die junge Eloise gerade nach London gezogen, um in die Welt ihrer Träume, die des Modedesigns einzutauchen. Leider verliert sie sich aber auch in ihrer anderen Traumwelt, wo sie als schöne Sandy durch die Nacht zieht. Denn der Traum wird alsbald zum Alb. Thomasin McKenzie ( »Jojo Rabbit«) und Anya Taylor-Joy (»The Queen’s Gambit«, »The VVitch«, »Emma«) tanzen so als Spiegelbilder durch die Nacht und das ganze Schwarz des Regenbogens. Ein sytlischer Psycho-Horror-Thriller im Swinging London der 60er durch das blutige Kaleidoskops eines verspielten Kinonerds. Dieser Nerd Edgar Wright probiert sich nach seinen Comedyerfahrungen in »Shaun of the Dead«, »Hot Fuzz«, »Scott Pilgrim vs. the World« zum ersten Mal an diesem düsteren Genreexzess, aber schon in »Baby Driver« zeigte er, dass er mit seinem Händchen für Style auch einen Gang höher schalten kann.

Trailer zu »Last Night In Soho«

In eine Albtraumwelt hatte sich auch die »Ghostbusters«-Reihe manövriert. Ob sie es mit »Ghostbusters: Legacy« nun schafft, sich nun da heraus zu manövrieren schafft, ist ungewiss. Aber der Trailer sie gerade dadurch verdammt vielversprechend aus, weil er so geerdet ist. Denn die Geisterjäger sind schon lange verblichen und der Ruf ganz schön abgerockt. Ein paar Kinder stoßen nun aber durch ihren Lehrer (Paul Rudd) auf das Vermächtnis der alten Männer, was gut passt, da ihrer verschlafene Heimatstadt gerade auch von einer paranormalen Bedrohung ummantelt wird. Warum das nun vielversprechend könnte, liegt vor allem an Regisseur Jason Reitman, der sich mit »Juno« oder auch »Up in the Air« als patenter Vermittler zwischen Hollywood und Indiekino etablieren und nicht zuletzt vier Oscarnominierungen einheimsen konnte. Von daher: Vielleicht mal wieder ein kleiner feiner Blockbuster, wobei man dennoch beim Anblick des Reihen-Schicksals vorsichtig bleiben sollte.

Trailer zu »Ghost Busters: Legacy«

Kommen wir zum Highlight des Monats. Mit »The Power of the Dog« kehrt Jane Campion (»Das Piano«, »Bright Star«) endlich wieder auf die Leinwand zurück und das mit einem richtigen Brett. Ihre Buchverfilmung spielt in den weiten Montanas von 1925 auf einer Ranch zweier Brüder. Der eine, George, ist eher verschwenderisch und möchte aus dem Farmleben ausbrechen. Der andere Bruder, Phil, führt den Hof jedoch mit engen Zügeln und versucht alles unter seine bitterharte Kontrolle zu bringen. Die Lage verspricht sich jedoch aufzurütteln, als George eine Witwe mit Sohn heiratet und sie auf die Ranch bringt. Aber eher verhärten sich die Fronten noch. Das Historiendrama mit Spätwesternallüren wurde in Cannes mit dem Regiepreis ausgezeichnet und genießt überall absolute Spitzenkritiken. Das Starensemble mit Benedict Cumberbatch (»Sherlock«, »Der Spion«), Jesse Plemons (»I’m Thinking of Ending Things«, »Judas and the Black Messiah«) und Kirsten Dunst (»Spider Man«, »Melancholia«) in den Hauptrollen spricht für sich. Da Netflix aber den Film verleiht, wird man jedoch wohl genauer nach verfügbaren Kinos gucken müssen.

Trailer zu »The Power of the Dog«

Kleiner Tipp außerdem: »First Cow« bekommt nochmal eine kleine Kinoauswertung, sogar im Scala. Wer ihn also nochmal auf der großen Leinwand sehen will oder ihn gar überhaupt noch nicht gesehen hat: Jetzt wäre die Gelegenheit. Ich gehe auf jeden Fall rein.

Kinotipp No. 2: Am 2. November läuft einmalig im Filmpalast und in einigen anderen Kinos Satoshi Kons »Millenium Actress« in einer neuen 4K-Restauration. Ein moderner Klassiker des Animes, in der der Schöpfer von »Paprika« und »Perfect Blue« mit unfassbarer technischer Brillanz eine fanatsievolle Hommage an eine der größten japanischen Schauspielikonen, Setsuko Hara, schafft. Vorverkauf läuft schon.

Trailer zu »Millenium Actress«

Zum Streamen gibt es zwei Mal was auf Netflix, wobei der erste im Oktober schon im Kino lief. »Passing – Seitenwechsel« kommt im November dann auch auf den Streamingdienst und kann bei Bedarf dann nachgeholt werden, sollte man keine Chance zum Kinobesuch haben. Jedoch lohnen die Bilder wirklich auf der Leinwand. Bereits in der letzten Monatspreview besprochen.

Trailer zu »Passing«

»Ein Polizei-Film« ist der zweite Film im Netflix-November und ist ziemlich schräg. Denn er ist sowohl Spiel- als auch Dokumentarfilm. Denn zwei Schauspieler schlüpfen in die Rollen von mexikanischen Grenzpolizisten, wobei der Film dann ihrem Berufsalltag folgt. Das Konzept scheint mir sehr spannend, zumal im doch strukturell ziemlich zerrütteten Mexiko. Die Berlinale scheint dies auch spannend gefunden zu haben, weswegen er dort auch für besondere künstlerische Leistung ausgezeichnet wurde.

Trailer zu »Ein Polizei-Film«

Als letztes möchte ich noch zu einer Sondervorstellung im Scala einladen: Am 23. November führt das JFK-Lieblingskino nochmal »Ich war neunzehn« auf. Einige von uns hatten einst »Solo Sunny« von dem Regisseur im Scala gesehen, nun zeigen sie Konrad Wolfs Meisterwerk endlich in einer weiteren Reihe. Der Film handelt von einem emigrieten Deutschen, der mit der Roten Armee zum Kriegsende in seine Heimat zurück, nur eben auf der Seite des Feindes, um die letzten Nazis endgültig zu vertreiben. Der autobiographische Antikriegsfilm ist nicht brutal oder blutig, sondern setzt auf viel Realismus und Authentizität. Nichtsdestotrotz ist der Film wahnsinnig involvierend, bisweilen erdrückend spannend inszeniert und kongenial fotografiert. Einer meiner Lieblingsfilm kurz bevor ich wirklich 19 war.

Damit schnüren wir das Novemberpaket zusammen und legen es unter den kirstlichen Weihnachtsbaum. LGBTQ, #MeToo, Blut und Deutschland. Was braucht’s mehr? Wir werden diesmal, wie ihr wohl gesehen habt, ohne die Beitrittslinks arbeiten, da zu viele mit denen nicht klarkamen. Aber kein Problem, schreibt dann einfach mir direkt oder noch besser in die JFK-Gruppe, damit ihr direkt in das Event eingebucht werdet. JFK-Gruppe daher besser, weil ich nicht direkt bei allen Veranstaltungen in Präsenz dabei sein kann und sich so auch Gruppen unabhängig von mir bilden können. Nun denn meine jünger, auch wenn ich gen Himmel fahre (Berg ist hoch), verbreitet die frohe Kunde des Evangeliums zur Not auch ohne mich, liebet und mehret euch. Aber ganz gleich was auch sein mag: Baumannconsulting is always by your side.

By JFK-President (Official)

Best Cinemamaster between Kopenhagen and Kleinwümmede

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