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Preview Dezember

Vor der Fenstern des ICEs liegt Schnee. Offensichtlich wird es Winter. Um der Kälte zu entfliehen lockt es einen mehr denn je in die Kinos, jedoch ist das Programm gewohnheitsmäßig zurückgefahren im letzten Monat des Jahres. Schließlich kommen die ganze Feiertage ja immer in den Weg der Planung. Aber ein paar Geschenke liegen dennoch unterm Baum. Und schaut doch, wie hübsch und bunt sie sind!

Na gut, Schwarz ist nun nicht die allerbunteste Farbe, aber in »BlackBerry« machen ein paar weiße Jungs Dinge, die sich niemand hätte ausmalen können. Denn ein paar kanadische Nerds und ein verzweifelter Business-Hai mit Halbglatze entwickelten Ende des letzten Jahrhunderts das Smartphone. Wie »The Social Network« als abgedrehte Komödie feierte »BlackBerry« auf der Berlinale Weltpremiere und ballerte die Leute so hart weg, dass der Typ hinter mir spontan einen Krampfanfall bekam (das ist kein Scherz). Aber nachvollziehbar bei dem wohl coolsten Soundtrack-Drop und dem wildesten wie vampireskesten Zitat des Jahres. Und dann auch noch »It’s always sunny in Philadelphia«-Star Glenn Howerton. Mehr Infos von JFK-Investigativreport hier.

Einen Film den ich noch nicht, dafür aber Julia und Lua schon gesehen haben, ist »How to Have Sex«. Darin wollen ein paar britische Teenies sich durch den Sommerurlaub ihres Leben feiern, doch geht ihre Jugend ganz anders zu Ende als sie es sich erträumt hatten. Die Festivals der Welt liebten das Spielfilmdebüt und sogar Julia, die keinen Sex auf der Leinwand abkam, gab dem Film einen Daumen hoch. Elektrisierende Partys, Schweiß in der Sommernacht und ein Dämmern von Bedrohlichkeit über allem Spaß. Cheers mate!

Apropos Großbritannien: Nach seinem ausgezeichneten Florence-Pugh-Psychodrama »Lady Macbeth« von 2016 ist der Londoner Filmemacher William Oldroyd endlich wieder zurück, verlagert die Handlung aber über den Atlantik nach Neuengland, genauer in das der 1960er, noch genauer in ein Gefängnis. Dort in dieser Strafvollzugsanstalt für Jugendliche ist Eileen als Sekretärin tätig. Eine Existenz, die sie anödet. Bis die neue Erziehungsbeauftrage Rebecca auftritt und zum Zentrum von Eileens Bewusstsein wird. Die graue Maus nähert sich der glamourösen Blondine an und beide entwickeln eine enge Bindung. Doch je enger sie sich kommen, desto sinistrer werden die Geheimnisse, die zwischen den beiden Frauen hervorkriechen. Thomasin McKenzie (»Leave No Trace«, »Jojo Rabbit«) macht hier hoffentlich zumindest bei mir das »Last Night in Soho«-Debakel wett, Anne Hathaway (einst noch in »Rachel is getting married« oder »Brokeback Mountain«) etwa das letzte Jahrzehnt. Und wenn man den Kritiken glauben darf, gelingt das mit diesem kleinen surrealen, noirigen Psychothriller namens »Eileen«.

Als pendant zum furiosen Femininen jetzt was für echte Männer: Wrestling! Sean Durkin (»The Nest«, »Martha Marcy May Marlene«) hat für A24 einen Film über die Von Erich Familie namens »The Iron Claw« gedreht, deren berühmte Söhne in ebenso berühmte Tragödien verwickelt sind. Das Sport-Familiendrama ist muskulös besetzt mit Zac Efron (»High School Musical«), Jeremy Allen White (»The Bear«) und Harris Dickinson (»Triangle of Sadness«) und ist vermutlich einer der Herausforderer den A24 für die Oscars in den Ring schickt.

Das war jetzt alles ziemlich westlich, ziemlich weiß. Gehen wir doch nach Japan! Und zwar mit einem Film der bestätigt für das Land bei den Oscars eingereicht wurde. Nur ist er von einem Deutschen gedreht. Wim Wenders (»Paris, Texas«, »Der Himmel über Berlin«, »Im Lauf der Zeit«) hat zwar seit gut vierzig Jahren keinen guten Spielfilm mehr gemacht (ob er durchaus immer aktiv war), aber diesmal soll er sich endlich wieder zusammengerissen haben. Denn die Prämisse von »Perfect Days« ziemlich entspannt. Hirayama hat als Toilettenreiniger in Tokio nun eigentlich nicht das schönste Leben, doch füllt er es mit lauter kleinen Routinen. Er mag Essen, er mag Bücher und fotografiert Bäume. Wir folgen seinem Alltag und verstehen langsam aus Fragmenten seiner Vergangenheit, wie Hirayama zu diesem Alltag gekommen ist. Ein Lo-Fi-Film to study and relax. Ausgezeichnet in Cannes.

Nichts außer herausragende Kritiken hat in Cannes der neue Film von Todd Haynes (»Dark Waters«, »Carol«) bekommen. Dort geht er mit Nathalie Portman und Julianne Moore auf den Boden zweier Frauenseelen. Eine Schauspielerin besucht für die Recherchen zu einer Rolle nämlich einen alterenen weiblichen Star, der vor zwanzig Jahren in einen großen Klatschpresseskandal verwickelt war. Der verspielte, aber auch tiefschneidene »May December« kommt am 1. Dezember so ziemlich überall auf Netflix – nur in Deutschland ist er irgendwie nicht laut allen Quellen bestätigt. Wir schauen mal, was passiert…?

Während wir also noch vor dem ersten Adventskalendertürchen zittern, gibt es ansonsten ganz sicher ein reichhaltiges cinematorisches Festbankett, durch dessen feine Speisen man für jeden entfernten Verwandten an der Weihnachtstafel einen Geheimtipp in der Hinterhand hat.

Tannenduftende Grüße

Euer JFK-President

By JFK-President (Official)

Best Cinemamaster between Kopenhagen and Kleinwümmede

One reply on “Preview Dezember”

Petition für einen JFK-Adventskalender: jeden Tag ein Filmtipp von Joris 🎄🎁❄️

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