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Preview April

Im März gab es ein Déjà-vu. Eine ganze Bonbontütte voller bunter cinematorischer Leckereien… und kaum Besucher bei den Kinoevents. Uff. Baumannconsulting schreibt rote Zahlen, der CEO ist nach wie vor vermisst, man munkelt von Kontontransfers in die Türkei und immer mehr Vorstandsmitglieder stecken mit im Skandal. Uff. Und was waren noch die best besuchtesten Filme? »65«??? UFF. Und wahrscheinlich werden auch diesmal JFK-Dissidenten »Guardians of the Galaxy« oder »Coldplay« (WTF LB??) als ihr Monatshighlight ins Letterboxd-Tagebuch tippen. Ich sehe schon die Gruppeneinladung zu »Cocaine Bear« im Chat… Immerhin! Die Weebs füllen schon die Gruppe für »Suzume«. Anime heißt im JFK immer noch Aniwe. Na gut, dann will ich mal nicht beleidigt sein. Hier ein zweiter März, also vor allem mengenmäßig. Und vielleicht auch mit dem einen oder anderen kleineren oder größeren Highlight.

Ganz unerwartet auf dieser Liste steht »Air«. Ich bin kein großer Ben-Affleck-Fan und hatte deswegen mit keinem großen Wurf gerechnet. Doch anscheinend hat der zweifache Oscargewinner mit seiner neuen Regiearbeit einen Slamdunk gelandet. Nachdem schon »Hustle« damals einigen Enthusiasmus im JFK erregen konnte, gibt es jetzt gleich noch einen weiteren Basketball-Film, diesmal über NBA-Legende Michael Jordan. Affleck (»Argo«, »Gone Girl«, »The Last Duel«) sitzt im Regiestuhl, aber auch vor der Kamera, neben ihm sein Buddy Matt Damon (»Stillwater«, »Good Will Hunting«, »The Last Duel«) sowie Viola Davis (»Suicide Squad«, »Widows«) und Jason Bateman (»Castle«). Oldschool Sportfilm. Gibt man keinen Korb (sorry).

Genug vom Hollywood-Schmonz hat Tarik Saleh nach seinem Chris-Pine-Action-Flop »The Contractor« (oder Hollywood hatte genug von ihm [Hust]). Der ägyptische Genrehandwerker ist zurück in seiner Heimat und greift mit »Die Kairo Verschwörung« quasi als Sühne nach einem höheren Register. Der Thriller taucht in die Katakomben der islamischen Machtstrukturen, als der Großimam Kairos stirbt und der Kampf um seine Nachfolge beginnt. Politisch explosiv, imposante Bilder. In Cannes prämiert für das Drehbuch.

Aber auch das ist noch eher klassisches Genrekino. Meine Garçons und Filles wollen natürlich full ham Frankokino ballern. Dafür sorgt Léa Mysius (Drehbuch von »Wo in Paris die Sonne aufgeht«) mit ihrem neuen Film »The Five Devils«. Handlung irgendwo im Mystery-Coming-of-Age-Fantasy-Sektor, wahrscheinlich sollte man am besten nicht zu viel wissen. Wichtig ist: FRANZÖSINNEN. PYROMANIE. HALLOOOOOOOO! Nicht nur wegen smoking hot Adèle Exarchopoulos haben wir hier endlich wieder einmal die Chance auf das, was den JFK (Jeune Femme Kamikaze-Auto-Inflammation) ausmacht. Wer nicht mitkommt, kann auch gleich seine Mitgliedskarte verbrennen.

Brennen tat es auch in Argentinien, als in 2019 die Demonstrationen in Chile dafür sorgten, dass die Regierung das Militär gegen die Bevölkerung mobiliserte und wenig später die Verfassung neu geschrieben wurde. Und das alles wegen U-Bahn-Ticketpreisen. Nicht mitbekommen? Kein Problem. Die chilenische Dokumentarfilmlegende Patricio Guzmán hat mitgefilmt und einen eindrucksvolles Porträt eines Landes in Sturm mit »Mi país imaginario – Das Land meiner Träume«. Kraftvolle Dokumentation über die Kraft des Volkes, vor allem seiner Frauen. Ich konnte ihn letztes Jahr schon beim FilmFest Hamburg sehen, Bericht hier.

Wo wir schon mal auf Weltreise sind, lasst uns doch auch mal schön ans Mittelmeer. Auf nach Griechenland! Deren Greed-Weird-Wave mit Lanthimos und Co. ist zwar schon länger vorbei, aber Christos Nikou scheint ein Nachzügler zu sein. Dabei ist das Thema gar nicht so exzentrisch: Es gibt eine Pandemie (falls sich jemand nicht mehr erinnern kann, 2020 (Erscheinungsjahr des Filmes) war das noch aktuell). Nur löst sie nicht Husten aus, sondern Amnesie. Statt guter Impfe gibt es aber nun ein Therapieprogramm, dass Erkrankten eine neue Identität geben soll. »Apples« war nach dem ersten Lockdown ein großer internationaler Festivalliebling und für die, die mit der Lanthimos-Exzentrik (»The Favourite«, »The Lobster«, »The Killing of a Sacred Deer«) was anfangen konnten bestimmt einen Blick wert.

Noch weirder wird es aber wohl bei »Infinity Pool« werden. Brandon Cronenberg (»Possessor«) hat, nachdem Papa schon gerade seinen Neuen vorlegte – auch in Griechenland gedreht! –, auch jetzt seinen nächsten Film fertig und spilet natürlich wo: Auch im Urlaubsparadies! Doch die Bodyhorror-Sci-Fi wird schnell gar nicht mehr so paradiesisch. Nach einem Autounfall muss sich ein Autor vor Gericht veranworten, jedoch bietet man im Inselresort La Tolqa einen besonderer Deal an, wenn man es sich nur leisten kann. Was für ein Strudel aus Gewalt, Sex und verformten Körpern sich dahinter versteckt, sollte am Besten im Dunkel des Kinosaals entdecken. Aus den Schatten schmieden sich die geschmeidigen Leiber von Alexander Skarsgård (»The North Man«, »Passing«) und Mia Goth (»High Life«, »X«) an einen. Bis sie nicht mehr so geschmeidig sind… Warnung: Kritiken SEHR gemischt.

Während ich noch sehr am Strugglen bin, ob ich mir »Infinity Pool« wirklich ansehen muss und auf der anderen Seite wohl die meisten von euch rein wollen, sieht es bei meinem Monatshighlight wohl genau umgekehrt aus. »Roter Himmel« ist der neue Film von Christian Petzold, unserem Regie-Superstar in der Filmtwitterblase. Das sommerliche Drama, zweiter Teil seiner Elementargeist-Trilogie nach »Undine« (jasmin-approved), hat in Berlin abräumen können und auf Letterboxd überschlagen sich die Reviews. Der wohl noch immer unterschätzte Thomas Schubert (brillant) spielt einen jungen Autor in der Krisis, der von der sich amüsierenden Mitbewohnerin (my darling und Goldene-Schnecken-Gewinnerin Paula Beer) im Ostseehaus seines Freundes noch mehr aus seiner Konzentration geworfen wird. Das Dahinplätschern wird plötzlich brenzlig, als Waldbrände überall in der Gegend aufflammen. Ein bisschen Sommerbrise, ein bisschen verspielte Romantik, ein bisschen malerische Apokalypse. Heißer Kandidat für den Film des Jahres bei mir.

Ja, ich weiß, ich kann sagen was ich will, wenn’s kein Gangsterrap oder Netflixhit ist, krieg ich die Rasselbande nicht ins deutsche Kino. Um die Todsünde aus der Kiste zu kramen: Deutsche Comedy. Aber wer Loriot nicht mag, der ist auch einfach ein Kretin, Kulturbanause und dummdreistdämmlicher Eumel. Zum 100sten Geburtstag des Erfinders von deutschem Humor, unser Monty Python!, gibt es seine Trickfilme nochmal kompiliert zur großen Revue auf der noch größeren Leinwand. Der Familienoriginalbenutzer, die Herren im Bad, pneumatische Plastologie. »Loriots große Trickfilmrevue« unterläuft natürlich Essenzen des klassischen Loriot-Charmes (Kürze, Vereinzeltheit und gewisse BRD-TV-Schäbigkeit) und vermutlich wird hier erstrecht niemand reinwollen. Aber vielleicht wollen ja doch noch ein paar den 100sten des Meisters mitfeiern.

Was wiederum ihr vermutlich gucken wollt, ich aber definitiv nicht gucken will und hier auch dezidiert nicht empfehle oder feature, sind die zwei letzten Titel dieses Monats. Zum einen ist da »Empire of Light« über Kinoliebe mit Olivia Colman (»The Favourite«), Michael Ward, Toby Jones (»Sherlock«) und Colin Firth (»Mamma Mia«), fotografiert von Roger Deakins (»1917«), Musik von Trent Reznor und Atticus Ross (»Mank«), Buch und Regie Sam Mendes (»1917«). Zum anderen ist da »The Whale«, Fettleibigkeit auf engen Raum, oscarprämiert, mit Brendan Fraser (»Die Mumie«) und Sadie Sink (»Stranger Things«). Beides große Namen, beides unter Verdacht furchtbar manipulativen Kitschs.

Urlaub und Feuer dominieren diesen Monat und führen uns aus dem unerwartet verschneiten März hinaus. Nicht so viel Hollywood, aber als Fans für vom European Cinema Intro ist das ja geradezu ein Vergnügen. Ich hoffe ein paar Leute bei »Roter Himmel« zu sehen und bei »The Whale« nicht zu viele Genusspunkte. Aber am meisten hoffe ich, dass Franzosen brennen. S’il vous plaît.

Bisous à mes lapins de Pâques

Euer Président

By JFK-President (Official)

Best Cinemamaster between Kopenhagen and Kleinwümmede

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