Categories
Preview

Preview September

Vom Wetter her haben wir eigentlich schon wieder die Ausfahrt raus aus dem Sommerloch genommen und der Himmel ist wieder in sympathischem Asphaltgrau wie die Straße gen Astor. Aber von der Filmfülle sind wir noch immer tief drin. Um fair zu sein: Es sind ja auch noch Semesterferien (auch wenn fast niemand im JFK mehr studiert). Ergo bin ich auch noch überall und nirgendwo in der Weltgeschichte. Zum Glück habe ich aber auch die Hälfte der Filme schon gesehene. Also zwei.

Film Nummer Eins ist deutsch, aber mit türkischem und vor allem femininem Einschlag: »Ellbogen« hat Hazal zur Protagonistin, die zwar viel Temperament und Mut, aber wenig Zukunftsperspektiven hat. Die Ausbildungsplätze lehnen sie ab, ihre Mutter drängt sie zur Friseusenkarriere. Zur Volljährigkeit gönnt sie sich dennoch zum Durchatmen einen Abend Feiern in den Berliner Straßen. All der Frust entlädt sich jedoch in einer U-Bahn-Station, die zum Start eines völlig unverhofften Lebensweges wird. Aslı Özarslan verfilmt hier Fatma Aydemir (zuletzt bekannt für »Dschinns«) mit viel frischer Energie, egal ob bei Bildern, Sound und Nachwuchsdarstellerinnen. Ihr Coming-of-Age-Drama kann zu SXTN feiern, aber auch in stiller Bewegung Vogelgesang an einem Istanbuler Straßencafé lauschen. Eindrucksvolles Spielfilmdebüt, das auf der Berlinale zurecht viel Applaus bekam.

Ebenfalls bejubelt wurde im Berliner Februar »Favoriten«. Etwas ironisch, dass ich aus Wien nach Berlin gefahren bin, um einen Film über den Problembezirk meiner Heimat zu schauen. Ruth Beckermann, die wahrscheinlich wichtigste deutschsprachige Dokumentarfilmerin der Gegenwart, hat sich für ihre neuen Film in eine Grundschulklasse gesetzt und einfach mal zugeschaut. Ihr genauer Blick fängt all die Mikrodynamiken zwischen den Kindern ein, die Mühen der Lehrerin und die angespannte Ratlosigkeit der Eltern. Es ist ein Film über Bildung, Integration und andere strukturelle Themen, aber vor allem ist es ein Film über Kinder, bei denen es nicht um Niedlichkeit und Statistiken geht, sondern allem voran um ihre menschlichen Probleme. Und darum, dass sie einen katholischen Wiener Priester beim Ausflug trollen. Alleine für diese Szene ein Muss.WIEN!

Noch nicht gesehen habe ich »The Substance«, möchte ihn aber unbedingt endlich sehen. Der Film wurde in Cannes ziemlich in »Titane«-Manier gefeiert: Mutiges, feminines Genre-Gulasch-Kino mit einem Wettrennen aus in die Eingeweide gehenden Bodyhorror und die Augen an die Leinwand fesselnder Hypstilisierung. Dafür hat sich Demi Moore (»Ghost«) hergegeben, die hier als alternder Star (lol) über eine Schwarzmarktdroge zur Zellreplikation ihre Jungend wiederherstellen will. Und plötzlich ist da Margaret Qualley (»Kinds of Kindness«, »Drive-Away Dolls«, »Once Upon a Time… in Hollywood«). Und eine Auszeichnung für das Beste Drehbuch in Cannes!

Keine Auszeichnung, aber VIEL mehr Kontroversen gab es um »Megalopolis«. Endlich stellt Francis Ford Coppola (»Der Pate«, »Apocalypse Now«, »Bram Stoker’s Dracula«) sein neues Magnum Opus vor, indem ein dystopisches New York zum caligula-esken antiken Rom mutiert und zwischen architektonischer Megalomanie, Party-Hedonismus und eskalierendem Wahlkampf über Fortgang oder Ende der Zivilisation entschieden wird. Am Verhandlungstisch sitzen dabei unter anderem Adam Driver, Aubrey Plaza, Giancarlo Esposito, Shia LaBeouf, Jason Schwartzman, Jon Voight und Dustin Hoffman. Gelöschte Trailer, Set-Whistleblower, Reviews in alle Richtungen. Das dürfte eines DER Kinoereignisse des Jahres werden, wo der JFK natürlich nicht fehlen darf.

Wir gehen den Monat also von ganz klein zu ganz groß. Von Astor bis 3001 ist alles möglich, so streift also in die früher werdenden Nächte und macht euch warm für den heißen Endspurt zum Oscarrennen.

Küss die Hand

Seine kaiserliche Hoheit J. C.

By JFK-President (Official)

Best Cinemamaster between Kopenhagen and Kleinwümmede

Leave a Reply

Your email address will not be published. Required fields are marked *